Der Begriff der Eigentlichkeit leugnet die Gottesfurcht. Sie macht das Subjekt zum sündenvergebenden Gott (indem es die Gottesfurcht als Wut nach außen kehrt – hier gründet der Begriff des Scheins in Hegels Logik); Grund der Eigentlichkeit ist der Schein der Unschuld im Kern des Schuldzusammenhangs (das Sakrament der Macht).
Haben nicht das Licht und die Gravitation ein gemeinsames Ausbreitungsgesetz (das quadratische Abstandsgesetz, mit einem beiden gemeinsamen kosmologischen Paradox)? Beiden ist die Vorstellung gemeinsam, daß sie (wie die Materie) von außen in den an sich leeren Raum hineinkommen: Dabei ist es die Raumvorstellung (die subjektive Form der äußeren Anschauung), deren ausschließende Gewalt alle Erscheinungen zu verdinglichten, gegen den Raum äußerlichen Erscheinungen macht, sie ihrer sprachlichen Substantialität beraubt.
Ist nicht das innere Gefühl („aus dem Bauch“) mit dem äußeren (der Tastempfindung) auf ähnliche Weise verknüpft wie der Begriff der schweren mit dem der trägen Masse?
Der Begriff der trägen Masse ist auflösbar nur in herrschaftsgeschichtlichem Kontext, im Zusammenhang von Herrschaftskritik.
Die Masse ist die Asche des verbrannten Himmels.
Das Verbot, von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen (Gen 216f) gehört nicht mit zum Nahrungsgebot des sechsten Schöpfungstages (130f). In welcher Beziehung steht das paradiesische Nahrungsgebot (das dem des sechsten Schöpfungstags nur ein Verbot hinzufügt) zum noachidischen?
Hiobsbotschaft: Haben Behemoth und Leviathan etwas mit Natur und Welt zu tun (und Satan, der Ankläger im Hofstaat Gottes, der Widersacher, etwas mit dem Wissen)?
Die Kollektivscham hat die Verblendung in den Köpfen zementiert; sie war das Prinzip und der Grund der neuen Unübersichtlichkeit.
Off 69ff: Die Steinigung des Stephanus gehört nicht nur aufgrund der Rolle des Paulus hierbei zu den Gründungsakten des Christentums; sie ist ein Teil des Felsens, auf den die Kirche gebaut ist (unter dem Altar, auf dem das Opfer dargebracht wird, sind die Gräber der Märtyrer).
Am Ende seines Fastens in der Wüste wurde Jesus vom Teufel versucht (und hat der Versuchung widerstanden); während seines öffentlichen Auftretens hat er Dämonen ausgetrieben; aber nur zu Petrus hat er gesagt: Weiche von mir, Satan.
Der Weltbegriff ist die Wasserscheide der Zivilisation, das aber auch in dem ganz wörtlichen Sinne, der im ersten Satz der Philosophie sich ausdrückt: Alles ist Wasser.
Ding und Ich: Fallen nicht die moderne Geschichte der Personalpronomina und die Ursprungsgeschichte der Auxiliarien, der Hilfsverben, in die Geschichte der Konstituierung des Dingsbegriffs, der Trennung von Ding und Sache (die ihre Vorgeschichte im germanischen Recht und in der germanischen Sprache hat)?
Die Idee einer Theologie im Angesicht Gottes schließt die Kritik der Religion mit ein. Sie konvergiert mit Rosenzweigs „Deus fortior me“.
Erinnerungsarbeit: Es kommt nicht darauf an, was man „tatsächlich“ bei bestimmten Ereignissen der Vergangenheit empfunden hat, sondern wie man es post festum begreift. Es gibt keine unreflektierte Beziehung der Empfindung zur Wahrheit.
Dialektik von Herr und Knecht: Die Vorstellung von der Fortpflanzung des Lichts im Raum ist ein Produkt der Vergegenständlichung des Sehens des Andern (des Knechts); sie gehört zu einem Konstrukt, für das das Sehen zu einem materiellen Prozeß zwischen Objekten (zwischen Arbeiter und Materie) geworden ist. Die Lichtgeschwindigkeit (und der Bereich der Physik, zu dem er gehört) ist der Repräsentant des verdinglichten Andern (des Proletariats) im Inertialsystem. Erst durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sind die Voraussetzungen gegeben, die Konstitutionsbedingungen dieses Vergegenständlichungsprozesses (das Inertialsystem und die Grenze des Verfahrens der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit: Teil der Beziehung von Herrn und Beherrschtem, des Schuldzusammenhangs) zu begreifen.
Die Verdrängung des Vergangenen und das durch die Gewalt der Rechtfertigungszwänge erzwungene fortschreitende Vergessen macht das Neue selber (den Fortschritt) zu einer Variante und zu einem Instrument des Vergessens.
23.4.1995
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