Die mythische Vorstellung der Schöpfung von Himmel und Erde durch Spaltung des Chaos-Drachen Tiamat (J.Ebach LuB, S. 45, Anm. 11) wird in Gen. 1 umgekehrt (vom Kopf auf die Füße gestellt): Der Chaos-Drache ist das Produkt der Schöpfung von Himmel und Erde (Trennung von Zukunft und Vergangenheit: der Drache als Imago der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft: Das Tier … war und ist nicht und wird wieder heraufkommen – Geh. Offb. 178).
Nach Genesis 121 werden die „großen Meerestiere“ (die Tanninim) nicht „nach ihrer Art“ erschaffen: als dann auch nicht von Adam benannt? Ihre Benennung erfolgt erst am Ende („hier bedarf es Weisheit und Verstand; ihre Zahl ist 666“ – Vgl. hierzu auch Hi. 382 und 423: „wer ist es, der den Ratschluß verdunkelt, mit Gerede ohne Einsicht?“ – Zusammenhang mit dem „Bekenntnis“: „nur wer das Zeichen des Tieres trägt“)? – Vgl. auch Hegels Begründung für seinen Satz, daß die Natur den Begriff nicht halten kann.
Das kantische Objekt, der an sich bestimmungslose Gegenstand: Substrat der transzendentalen Logik, ist der Grund des Nichtwissens: Produkt und Endpunkt der Geschichte des Begriffs (die Hegel dann beschreibt) und Ausgangspunkt des Rosenzweigschen „Stern der Erlösung“. Rosenzweigs Kritik des „Alls“ ist die Kritik des Alls der Objekte: des historischen Objektvationsprozesses.
Ist Jes. 11 wirklich „ein Vorschein der neutestamentlichen Feindesliebe“ (J. Ebach LuB, S. 46, Anm. 11)? Setzt das Gebot der Feindesliebe (das ohne das Nachfolgegebot: das Gebot, die Schuld der Welt auf sich zu nehmen, nicht zu verstehen ist) nicht voraus, daß das Fleischfressen der Löwen (die Horkheimersche „Katastrophe der Urzeit“, DdA) Folge einer Schuld ist, an deren Grund die Lehre vom „Sündenfall“ rührt, und die in die christliche Verantwortung (als Grund und Ausdruck der Gottesfurcht und als Grund der Notwendigkeit von Theologie als Erinnerungsarbeit – „exakte Phantasie“) mit hereinzunehmen ist? Letzter nachweisbarer Widerschein der Trinitätslehre: die Konstellation des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs.
Das Vater in der Trinitätslehre ist (u.a.?) der Hinweis auf die Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit (Zusammenhang mit den Genealogien, den toledot). Bedeutung des Patriarchats? – Aber Gegenstand der Erinnerungsarbeit ist nicht einfach das Vergangene, der Ursprungsmythos, sondern im Ursprung die darin verborgene Zukunft.
Behemoth und Leviathan: Das Krokodil ist Überlebender der Saurierzeit; aus welcher Zeit, aus welcher Phase im naturgeschichtlichen Evolutionsprozeß stammt das Nilpferd?
Zoo und Museum: Indiz für den Stand der Naturgeschichte der Herrschaft (und der Gewalt): Auch Nilpferde und Krokodile werden – zusammen mit den Tieren aus Hi. 38f und Ps. 104 – als Anschauungsobjekte im Zoo gehalten (oder auch vor der endgültigen Ausrottung bewahrt? – wie in der Arche vor der Sintflut? -Waren auch Behemoth und Leviathan in der Arche; gab es dafür -sie waren als Meerestiere von der Sintflut nicht bedroht – eine Notwendigkeit, abgesehen davon, daß Noach nur Tiere „jedes nach seiner Art“ aufnehmen sollte, diese Meerestiere aber gerade keiner „Art“ angehören? Unterschied zwischen Zoo und Arche).
Natur und Welt sind keine divergierenden Objektbereiche, auch nicht nur perspektivische Aspekte eines (desselben) Objektbereichs; das Verhältnis von Natur und Welt ist nicht mengentheoretisch bestimmbar; sie sind vielmehr logische, objekterzeugende Strukturen, die eigentlich bestimmte Strukturen und Verhaltensweisen des Subjekts (das Herrendenken) absichern und stützen: beide beziehen sich auf Objekte als Erscheinungen im Kontext der Naturbeherrschung und reflektieren ggf. im gleichen Objekt den Bruch der Subjekt-Objekt-Beziehung als Herrschaftsbeziehung. Natur und Welt verhalten sich wie Objekt und Subjekt, definieren die Rahmenbedingungen dieser Trennung und ontologisieren sie.
Die Steigerung der Situationen, auf die die dreimalige Leugnung des Petrus sich beziehen, bilden den Fortschritt ab, der zur Entqualifizierung des Objekts (zur Zerstörung der benennenden Kraft des Begriffs, zur Löschung des Namens) führt: die Magd zu Petrus, die Magd zu den Umstehenden über Petrus, die Umstehenden zu Petrus; der letzte Fall hat die Selbstverfluchung Petri zur Folge.
Die „persönliche Schuld“ (Gegenstand der Beichte) ist ein Folgeeffekt der Personalisierung der Schuld (Grundlage des Rechts, nicht der Moral, oder Symptom der Angleichung der Moral ans mythische Recht; Grund der Tatsache, daß Gemeinheit strafrechtlich nicht zu fassen ist; Probleme des Akkusativs, der dritten Person: grammatisch und theologisch), ihrer reflexiven Anwendung aufs Subjekt (Rückwirkung des Sündenbocksyndroms aufs projizierende Subjekt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet); die wirkliche Schuld ist nicht beichtfähig und nicht „persönlich“: die Last der Vergangenheit, die mit jeder Generation sich mehrt (zugleich sich in Richtung Erkennbarkeit verändert) und die jede Generation als wachsende Hypothek neu von der Vergangenheit zu übernehmen hat (zum Begriff der Nachfolge).
24.02.91
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