24.3.1995

Wer an dem Satz „Mein ist die Rache, spricht der Herr“ sich ärgert, muß selber den Zorn in sich verdrängt haben, der einen ergreift im Anblick der Geschichte (das Produkt dieser Verdrängung ist die Herrschaftsgeschichte, der Historismus). Wer diesen Zorn verdrängt, erfährt die göttliche Rache als Konkurrenz zum eigenen Herrschafts- und Rachetrieb, an den er gebunden ist und von dem er nicht lassen kann. Der komplementäre Aspekt dazu ist die Habermassche Resignation angesichts der Natur.
Nur Gott sieht ins Herz der Menschen: Demnach ist das Herz der Ort einer Theologie im Angesicht Gottes.
Die Apokalypse ist ein Teil des neutstamentlichen Kanons. Aber die Apokalyptiker waren auch seit je Häretiker. Das Rätsel ist nur zu lösen über eine Revision des Verfahrens gegen die Häresie: im Kontext der Kritik des Dogmas und der Bekenntnislogik.
Die Kollektivscham hat endgültig das Weltgericht an die Stelle des göttlichen Gerichts gerückt. Das Weltgericht ist unfähig, den Menschen ins Herz zu sehen. So wird das Herz rechtlich irrelevant, mit der wahrhaft dämonischen Folge: Die Gesinnung (und damit auch die Gemeinheit) ist kein Gegenstand des Strafrechts; und Barmherzigkeit ist kein Milderungsgrund , wohl aber die Trunkenheit. Im politischen Strafrecht ist Barmherzigkeit, wenn sie zum Grund des Handelns wird, eher Grund einer Strafverschärfung. Mit der geltenden Trunkenheits-Regelung wird Herrschaft apriori exkulpiert, während Barmherzigkeit Herrschaft grundsätzlich in Frage stellt. Dieser Zustand bezeichnet genau das gegenständliche Korrelat des Kelchs, der in Gethsemane die Todesangst Jesu evozierte, in der Nacht, als die Jünger schliefen.
Flucht und Aggression sind die Signa einer Theorie des Tieres (mit der Zuspitzung im Hund: als Verkörperung eines Triebs, der Flucht in Aggression transformiert; nur dem Lamm sind beide Wege versperrt: es wird stumm zur Schlachtbank geführt). Welches sind die sprachlichen Äquivalente von Flucht und Aggression?
Ableitung der Orthogonalität: Die mathematische Form des Raumes (Produkt der Verknüpfung der Reversibilität aller Richtungen im Raum mit der Orthogonalität als Norm) ist das Realsymbol der verdrängten Umkehr.
Kritik der Transzendentalphilosophie und der Fichteschen Wissenschaftslehre: Der Andere (das Nicht-Ich als Gegenstand und Norm) ist das Alibi des Herrendenkens, nur als Fremder ist der Andere das objektive Korrelat des Gewissens.


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