Das Keuschheitsgebot zielt auf die Abwehr der Gewalt, nicht der Lust. Darin liegt seine politische Bedeutung. Vergewaltigung ist kein Sexualdelikt, sondern ein Gewaltverbrechen: Sie macht die Frau zum Objekt und zielt auf den Selbstgenuß der terrorisierenden Gewalt (der Ursprung des Terrors liegt im Vergewaltigungstrieb). Ist in dieser Konstellation die Lösung des Problems des apokalyptischen „Unzuchtsbechers“ zu suchen: als Symbol der politischen Verführung nicht mehr nur zur Trunkenheit (Taumelbecher), sondern zur Gewaltlust, zum Faschismus?
Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam: Die Schriften des Neuen Testaments unterscheiden sich von denen des Alten nicht zuletzt durch ihren Adressaten. Die an die Gemeinden (die „ecclesiae“) gerichteten Briefe, die Reden Jesu an das Volk, seine „Wunder“ (die Heilung der Kranken, Frauen, Behinderten, die Erweckung der Toten, die Speisungen der Menge), die Aussendung der Jünger und dann der Apostel; die Adressaten sind das Volk, nicht die Herrschenden: nicht die politischen und religiösen Repräsentanten, die nur noch Reagierende, nicht mehr Handelnde sind („sie wissen nicht, was sie tun“) und allesamt als Mitglieder einer Verschwörung gegen das Volk (und gegen ihn) sich erweisen. Ecclesia, der Name der Kirche, erinnert an die Tradition der Versammlung im Tor, an das kollektive Subjekt der städtischen Demokratie.
24.3.96
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie
Schreibe einen Kommentar