25.01.92

„However, in many of the stories, Jesus uses the argument that other people are breaking Shabbat also …“ (Hilton/Marshall: The Gospels & Rabbinic Judaism, S. 112). Würde dieser Satz stimmen, er wäre eine Widerlegung des NT, er würde Jesus selbst zum Heuchler machen („Pharisäer“ als Projektionsfolie). Das Argument, „Sei du nur ruhig, du hast selber Dreck am Stecken“ ist eines der Selbstrechtfertigung und Schuldverschiebung, widerspricht dem Neuen, der „Übernahme der Sünde der Welt“. Aber die Sabbat-Heilungs-Geschichten scheinen auch noch eine andere Bedeutung zu haben: es sind Erlösungs-Geschichten. Insbesondere das „Nimm dein Bett und wandle“ in Joh 51-18 und Mk 21-12 (diese nicht am Sabbat), beide verbunden mit der Sündenvergebung, könnten auf den Zusammenhang von Schuldbefreiung und Übernahme der Sünde der Welt („nimm dein Bett“) hinweisen, dann wären die Argumente gegen die Pharisäer nicht ad personam, nicht personalisierend, sondern gegen die kasuistische (verdinglichende und weltstabilisierende) Gesetzesinterpretation gerichtet, allerdings um den Preis der erneuten Verdinglichung dieses Arguments: in der Vergöttlichung Jesu (der danach die Sünde der Welt nicht auf sich genommen, sondern hinweggenommen hat – Übersetzung von Joh 129; zum Zusammenhang von „nimm dein Bett …“ und Sündenvergebung vgl. auch Mt 91-9, Lk 517-28 und hierzu Hilton/Marshall S. 146f).
Sind „Juden“ verweltlichte „Hebräer“; hat die Bezeichnung „Juden“ die Bedeutung der Bezeichnung „Hebräer“ im Prozeß der Verweltlichung der Welt übernommen (nach der Verlagerung der „Außenwelt“ von Kanaan, Ägypten, Philistern, Ninive auf Griechen und Römer: hier sind die Israeliten keine „hebräischen Sklaven“ mehr, sondern nur noch im Exil)? Ist diese Differenz auch die Grundlage für den neutestamentlichen Gebrauch der Bezeichnung Juden oder Hebräer? (Vgl. Hilton/Marshall S. 124f, insbesondere die Unterscheidung zwischen mosaischem und jüdischem Gesetz in dem Text Mishna Ketubot 7.6)
Sünde und Buße gehören einem anderen Kontext an als Schuld und Versöhnung. Die Beichte hat die Christen der Idee der Versöhnung entfremdet. Zusammenhang mit dem Verschwinden der Wahrnehmung des Anderen, des „Im Angesicht“, der Einübung der Rechtfertigung hinter dem Rücken des Betroffenen (Verrechtlichung). Hier hat die Kirche – in einer Art Usurpation und in Anpassung eine vergleichbare Usurpation des Staats – sich selbst an die Stelle aller anderen gesetzt, die Versöhnungskompetenz sich angeeignet. Die Berufung auf diese Kompetenz ist nach Auschwitz nicht mehr zu begründen, nicht mehr zu halten. Falsche Interpretation der Binde- und Löse-Gewalt.
Mk 330: Zusammenhang zwischen der Sünde wider den Heiligen Geist und dem unreinen Geist (Vgl. Hilton/Marshall S. 144). Der Zusammenhang wird nur verständlich vor dem Hintergrund des Verweltlichungsprozesses, der Konstituierung des Weltbegriffs, auf den der Name des Heiligen Geistes dann auch bei Paulus bezogen ist (und nicht vor dem Hintergrund der beginnenden Feindschaft zwischen den getrennten Gemeinschaften, wie S. 145 suggeriert wird; Zusammenhang mit den drei petrinischen Verleugnungen und mit den „sieben unreinen Geistern“?).
Gibt es in der Schrift Hinweise oder Erörterungen zu einer mathematischen Tradition in Israel (gab es einen Begriff und ein Maß der Fläche)?


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