25.6.1994

Wenn heute alle Leute Angst davor haben, ob ihre Kinder den Sprung ins Erwachsenenleben schaffen – eine Angst, die sich vor allem in der Drogenangst ausdrückt -, so beweist das eigentlich nur, daß sie wissen, wie irrational diese Erwachsenenwelt ist. Nicht zufällig tolerieren sie die Zivilisationsdrogen: den Alkohol, der das Herrendenken stützt, und den Tabak, der das Gewissen betäubt und vernebelt.
Irrenhäuser, Schlachthäuser und Gefängnisse sind Institutionen der gesellschaftlichen Delegation von Verantwortung.
Die Gliedertheorie des Paulus (in seinem Leib-Christi-Konzept) enthält dieses Prinzip der Delegation von Verantwortung, den Grund der hierarchischen Struktur der Kirche, sie bindet die Eucharistie in die Geschichte und den gesellschaftlichen Kontext des Fleischessens. Paulus hat zugleich die Prophetie und das Sprachenreden zu Ämtern neutralisiert, in die kirchlichen Amtshierarchien der Priester und Bischöfe eingebunden.
Zu den apokryphen Schriften des AT: Sind nicht (mit den Makkabäer-Büchern) auch die Bücher Judit (die Ermordung des Holofernes), Tobit (in dem Ninive am Ende zerstört wird, das Ende des Buches Jona insoweit zurückgenommen wird) makkabäisch? War die junge Kirche sich dieser makkabäischen (und deshalb sowohl antipharisäischen wie auch antiherodianischen und -sadduzäischen) Tradition bewußt? Und war nicht Paulus der große Verwirrer (der die Erinnerung an dieses makkabäische Erbe durch seine Schuldverschubsysteme storniert, den antirömischen Impuls durch den antijudaistischen unkenntlich gemacht und ersetzt hat)?
Die sieben Diakone sind fast alle in Vergessenheit geraten, mit Ausnahme
– des Erzmärtyrers Stephanus (der Einführung des Saulus/Paulus ins NT),
– des Philippus (der den Kämmerer der äthiopischen Königin bekehrte, und des Vaters der vier prophetischen Töchter) und des
– Nikolaos (der vielleicht etwas mit den Nikolaiten der Apokalypse zu tun hat?).
Was hat es eigentlich mit den Tempelstellen (im Jesus- und im Stephanusprozeß: der Tempel werde in drei Tagen zerstört und neu errichtet, das Wehe über den Tempel und Jerusalem, die Vertreibung der Händler und Geldwechsler, der Riß durch den Vorhang vorm Allerheiligsten beim Tode Jesu) auf sich? Auch für die Gegner Jesu (die „Juden“) scheint dies ein Nervenpunkt gewesen zu sein. War es nicht ein „herodianischer“ Tempel?
Wut ist transformiertes Mitleid.
Auch in seiner Logik unterscheidet Hegel das Licht von den Strukturen und Mechanismen seiner Fortpflanzung im Raume (Logik I, S. 300).
Käme es nicht heute darauf an, sowohl die Astrologie wie die gesamte Naturwissenschaft aus dem Bann des Herrendenkens und den transzendentallogischen Konstellationen der Selbsterhaltung zu befreien? War nicht schon die Schicksalsidee ein Reflex des Selbsterhaltungstriebs (eine Folge des Privateigentums), gleichsam die transzendentale Ästhetik zur transzendentalen Logik der Selbsterhaltung (des Ursprungs der Philosophie)?


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