25.08.92

Merkwürdige Konstruktion in der Heinsohnschen Erläuterung des römischen Instituts der Adoption: Hier lebt der Mann (der Eigentümer) nicht in seinen Söhnen, sondern in seinem Eigentum (in seinem Werk) fort: der Adoptionssohn ersetzt den biologischen Sohn. Wie hängt das mit dem Gegenbild des proles zusammen, der nichts anderes besitzt als seine Nachkommenschaft (und in seiner Karriere über den Kolonen zum Feudalherrn das erste Beispiel für die Dialektik von Herr und Knecht liefert)? Erst der moderne Bürger verwaltet sein Eigentum im Interesse seiner Erben? In welcher Beziehung steht die Adoption zur Vergöttlichung der Cäsaren (zu den orientalischen Gottkönigen)?
Merkwürdig auch die Affektfreiheit bei der Darstellung der Kindestötung (als Mittel der Familienplanung – Abblendung des Zusammenhangs mit dem Kinderopfer?), und die Ironisierung des Prinzips der „Heiligkeit des Lebens“; hierzu paßt es, wenn Heinsohn über die pauschale Verurteilung der Hexenverfolgung (und ihrer kirchlichen und politischen Urheber) hinaus mit keinem Wort auf den Punkt zu sprechen kommt, der die Hexenverfolgung in der Tat mit dem Holocaust (und den Hexenwahn mit dem Antisemitismus) verbindet: das Problem des Ursprungs jener Gemeinheit, die die Formen der Verfolgung (Inquisition, Folter, Scheiterhaufen: die handwerkliche Vorstufe des industriellen Holocaust) öberhaupt erst möglich macht und als deren Opfer Menschen bestimmt, die wie Frauen und Juden zu den Schwachen, jedenfalls nicht zu den Herrschenden gehören; was müssen Menschen zuvor sich selber antun, um das andern Menschen antun zu können.
Hegel nennt den Staat den sterblichen Gott. Diesen Gott aber beten die Kirchen immer noch an, und sie bemühen sich verzweifelt, nicht wahrzunehmen, daß er sterblich ist. Dieses verdrängte Problem (oder die Verdrängung dieses Problems) soll die Opfertheologie lösen (die dadurch blasphemisch wird).
Es scheinen bestimmte Namen zu sein, die im NT mehrfach auftauchen: Johannes, Simon, Judas, Josef, Jakobus?
– Berufungsgeschichten gibt es von Simon und Andreas, Johannes und Jakobus, Philippus und Natanael, Matthäus (Levi).
– Natanael taucht nur als „echter Israelit“ unter dem Feigenbaum auf (aber als Jünger angeworben durch Philippus).
– Hat der Apostel Philippus mit dem späteren Diakon Philippus zu tun? Sein Name ist hellenisch („Pferdefreund“). – Philippus-Stellen: Berufung des Natanael, Brotvermehrung, „zeig uns den Vater“, Vermittler der Bitte des Griechen (über Andreas – auch ein griechischer Name!); als Diakon: Predigt in Samaria, Bekehrung des äthiopischen Kämmerers, lebt später in Cäsarea, hat vier prophetische Töchter.
– Die Brüder Jesu sind Jakobus, Simon, Josef, Judas?
Der Danielsche Nebukadnezzar frißt am Ende wie ein Ochse Gras, seine Haare wurden so lang wie Adlerfedern und sein Nägel wie Vogelkrallen (Dan 425ff). Ist er das Vorbild für den vegetarischen Antichrist?
In der Verfolgung der raf agiert der Staat aus eigener Betroffenheit (und Wut), angesichts des Fremdenhasses, der Ausländerfeindschaft (der rechtsradikalen Skinhead-Szene) fürchtet er sich vor dem Ansehensverlust im „Ausland“ („Schändung des deutschen Namens“). Die vielfach dokumentierte Mordlust läßt ihn kalt. Am Schutz der Menschen ist er nicht interessiert.


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