25.3.1995

Kann es sein, daß alle Häresien als gescheiterte Versuche einer Laientheologie sich begreifen lassen, und die Orthodoxie seit ihrem Ursprung als kirchliche Verwaltungslehre? Das hätte zur Folge, daß Theokratie, die unmittelbare Herrschaft Gottes, zwar nicht als politisches, wohl aber als religiöses Konzept sich begreifen läßt, und zwar als das genaue Gegenteil eines fundamentalistischen Konzepts (vgl. Jer 3134 und das Problem der Bekenntnislogik und des Lehramtes)?
Der Weltbegriff transformiert alle Dinge aus dem Bereich des Angesichts (und der Sprache) in den hinter dem Rücken (den Bereich der subjektiven Formen der Anschauung, in dem man so über die Dinge redet, als wären sie nicht anwesend). Diese Beziehung läßt sich ebenso am Beispiel des Kindes in der Familie wie auch am Verhältnis des Lichts zum System der Erscheinungen, die mit seiner Fortpflanzung im Raum verbunden sind (und auf die das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sich bezieht), demonstrieren. – Deshalb ist die Welt alles, was der Fall ist.
Der Weltbegriff bezeichnet (zusammen mit dem der Natur und des Wissens) das Unkraut, das vor der Ernte nicht ausgerissen werden darf, wenn man den Weizen nicht mit vernichten will.
Welt und Tod: Zur Todesfurcht am Anfang des Sterns der Erlösung (und zu seiner Erkenntnisfunktion) wäre zu bemerken, daß diese Todesfurcht an der Erfahrung des Tods der Andern sich entzündet; am Sterben der Andern erfahren wir, daß wir sterblich sind. Diese Konstellation fließt mit ein in den Ursprung der Philosophie, die das auf den Tod der Andern bezogene Moment im Begriff des Todes verdrängt, wenn sie es im Urteil zur (sic, B.H.) die Sterblichkeit aller objektiviert (erst Heidegger hat das Geheimnis ausgeplaudert: in dem Wort vom „Vorlaufen in den je eigenen Tod“, das das Konstrukt der „Eigentlichkeit“ – das „heroische“ Moment in ihm – begründet). Hier wird die Barmherzigkeit aus der Philosophie hinauskomplimentiert und die Philosophie zur Selbstbegründung des Herrendenkens.


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