26.08.92

Heinsohns Bemerkung, Norbert Elias habe den Prozeß der Zivilisation „evolutionistisch verrätselt“, drückt nur seine eigenen Verdrängungsmechanismen aus. Wenn er, was er „Verrätselung“ nennt, als Begriff eines realen Prozesses akzeptieren würde, ließe sich sein konkretistisches Konzept („Naturkatastrophe“) so nicht mehr halten. (Merkwürdig, daß Heinsohns Verdrängungsansätze insbesondere im Feld der Bevölkerungstheorie sich manifestieren.)
Die Idee des stellvertretenden Leidens ist sinnvoll nur im Kontext des Nachfolgegebots. Der Gedanke, daß ein anderer durch oder für meine Schuld leidet, ist ohne die Idee der Gottesfurcht unerträglich. Auf keinen Fall ist mir das Produkt dieses Leidens gleichsam zum Konsum (zum Genuß: hier, nicht in der Sexuallust, liegt das Substrat der Erbschuld) gegeben. Mit der Konsumtheorie des stellvertretenden Leidens (der Opfertheologie) schaffen wir uns die Armen und die Fremden aus den Augen: bereiten wir ihren Mord vor.
Das trinitarische Dogma und seine begriffliche Ausgestaltung ist wahr und blasphemisch zugleich (ebenso wie die modernen Naturwissenschaften).
Die Seele und die Person sind amputierte Gestalten des Antlitzes. Als Person macht sich auch die Seele noch unsichtbar (versteckt sie sich hinter der Maske).
Der Personausweis ist ein Verwandter des Fahndungsplakats, Ausdruck davon, daß der Staat apriori seine Bürger unter Anklage stellt, aus der er nur durch sein Bekenntnis zum Staat, durch nationalistische Identifikation mit dem Aggressor Staat herauskommt.
Ist die Dornenkrone nicht ein anderes Symbol für den gleichen Sachverhalt, auf den auch der Kelch verweist?
Das Gravitationsgesetz ist ein Ersatz für die Waage (die es real nicht gibt), um das „Gewicht“ der Erde, des Mondes, der Sonne und der Planeten zu bestimmen (Ursprung des verdinglichenden Denkens).
Die letzte Zeit wird das Gesicht eines Hundes tragen: Hängt das mit jener Erfahrung zusammen, die man mit Hunden (und mit Skinheads) macht, die aggressiv werden, wenn man sie anblickt? Babylon hatte den Hund als Symbol.
Die Fortpflanzungsentscheidung war seit je Teil eines ökonomischen Kalküls (Heinsohn, S. 200). Sie ist heute völlig irrational geworden. Werden Kinder nur noch aus Selbstmitleid gezeugt? Es wächst das Gefühl davon, welche Schuldenlast wir den Kindern aufbürden, welches Schuldenerbe wir ihnen hinterlassen.
Der Gläubiger ist einer, der im Vertrauen auf die „Ehrlichkeit“ (sprich Bonität) des Kreditnehmers diesem einen Kredit gegeben hat.


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