26.1.1997

Auf dem Bauche sollst du kriechen und Staub sollst du fressen: Die Kraft der Selbstrechtfertigung des Bestehenden reicht so weit wie die der intentio recta. Die intentio recta ist das erkenntnistheoretische Korrelat der Feindbildlogik; sie integriert die, die unten sind, und raubt ihnen die Kraft des Widerstands. Sie neutralisiert die Kraft des Geistes.
Der Geist ist die subversive Kraft.
Das Angesicht ist die Widerlegung der Vorstellung eines unendlichen Raumes. Und das Angesicht entkräftet die Logik des apagogischen Beweises. Bisher ist die kantische Antinomie der reinen Vernunft immer zugunsten des Bestehenden ausgelegt worden. Diese Auslegung wird durch das Angesicht, die Selbstreflexion im Anderen, durch die Idee der Barmherzigkeit widerlegt.
Selbstbewußtsein gewinne ich aus der Tatsache, daß es an mir liegt, ob ich in der Moral als Subjekt (des Handelns) oder als Objekt (des Urteils) vorkomme: auch der Urteilende ist im Urteil nur Objekt. Barmherzigkeit und Liebe gewinnen Realität nur als Richtschnur des Handelns, niemals als Maßstab des Urteils. Dem korrespondiert die Levinas’sche These, daß die Attribute Gottes im Imperativ, nicht im Indikativ stehen.
Der Objektbegriff gründet in der Logik der Selbsterhaltung, er versperrt der Barmherzigkeit den Weg.
Die Fähigkeit, Unrecht und Leiden wahrzunehmen, gründet im Hören, nicht im Sehen (gesehen wird nicht das Leiden, sondern die Nacktheit, die Schande des Andern: das Sehen gründet im Schuldverschubsystem).


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