26.3.96

Schuldverschubsystem: Israel versteht sich selbst im Angesicht Gottes, in den Augen der Völker waren die Israeliten Hebräer. In welche Tradition ist das Christentum eingetreten, hat nicht die Konstellation von Testament und Erbschaft die Traditionen durch Projektion und Verschiebung verwirrt? Haben die Christen nicht Israel mit den Hebräern und die Hebräer mit den Juden verwechselt (vgl. die schlimme Verwechslung der Namen bei Theodor Haecker an einer Stelle, die nur auf Joh 149 sich beziehen kann)? Welche Rolle hat hier der Hebräerbrief (oder auch der verhängnisvolle Eingriff in den Kanon, der die Historisierung und Nationalisierung der Prophetie zur Folge hatte) gespielt? Ist das nicht der Knoten, der zu lösen wäre?
Erinnerungsarbeit zielt auf die Befreiung der vergangenen Zukunft, nicht auf die Konservierung der Vergangenheit. Erinnerungsarbeit ist eine zwanglose Konsequenz aus der Lehre von der Auferstehung der Toten. Ist nicht die Sündenvergebung, wenn sie als Imperativ verstanden wird, ein Teil der Erinnerungsarbeit, die Ausbildung und Entfaltung der Fähigkeit, nicht nachtragend zu sein: der Abbau des Elefantengedächtnisses, das dem Historismus zugrunde liegt?
Die Konservierung der Vergangenheit kommt in jeder Hinsicht den Herrschenden zugute.
Allegorien sind instrumentalisierte Symbole. Deshalb sind sie ebenso willkürlich wie zwanghaft.
Ist nicht die Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern der Akt der Befreiung vom Bann des Erbens?
Der Mythos und sein logischer Kern, die Schicksalsidee, waren eine Vorstufe der Geometrie und der Gnomon das Instrument der Entfaltung der geometrischen Phantasie. Das Dogma verhält sich zum Inertialsystem wie der Mythos zum Gnomon.


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