Das Bekenntnissyndrom scheint zusammenzuhängen mit den Notwendigkeiten beim Übergang vom magischen zum rationalen Staats- und Politikverständnis, von der magischen zur rationalen Form von Herrschaft (= Herrschaft über die Zukunft). Gleichzeitig scheint die Lehre von der Vorsehung als politische Kategorie (d.h. nur als Mittel des technischen Gebrauchs, nicht – wie es notwendig gewesen wäre – als Kritik des Schicksalsglaubens) ausgebildet worden zu sein. (Magie – Prophetie/Schicksalsglaube – Vorsehung/ Bekenntniszwang – Ursprung des Königtums? – Individuelle/allgemeine Vorsehung: Vorsehung ist keine Prognose, kein Vorauswissen der Zukunft, sondern essentiell bezogen auf die Realisierung des „Guten“, des Gottesreichs; sie ist vom Schicksal dadurch unterschieden, daß Unglück und Schuld zwar Basis, Grundlage – nämlich für die „Umkehr“ -, in keinem Falle aber Telos der Vorsehung sein können.)
Das Bekenntnis ist sinnvoll nur als (nicht zwingender) Grund der Versöhnung; es kann nicht – ohne im Zentrum verletzt, pathologisiert zu werden – gefordert oder gar erzwungen werden. Bekenntnis und Freiheit sind untrennbar.
Der Bekenntniszwang verleiht Macht über die Gesinnung der Beherrschten; an die Stelle der unmittelbaren Naturängste treten die gesellschaftlich, d.h. durch Herrschaft vermittelten; die Befreiung von den Naturängsten war erkauft mit dem Tabu über die politische Kritik: und hierzu erwies sich das Christentum als zweckmäßig. Der Bekenntniszwang begründet den Schuldzusammenhang, aus dem er zu befreien vorgibt.
Der Bekenntniszwang ist hoffnungslos (und seit seinem Ursprung Ausdruck von Verzweiflung).
Schreibe einen Kommentar