28.06.93

Zur Logik des Raumes: Selbstreferenz und Rückkoppelung sind Momente der Logik der Instrumentalisierung und Subjektivierung der Wahrheit.
Zu Joh 129 vgl. Hebr 928, 104, 1011: In der Einheitsübersetzung wird das anenengkein, aphairein und perielein mit (hin-)wegnehmen übersetzt. Müßte man nicht bei genauerem Hinsehen differenzieren:
– 928: Nur hier ist das Wort auf Christus bezogen, auf seine einmalige Opferung (hapax prosenechtheis, von prosphero), und genau hier müßte es heißen: „die Sünden opfern“, „darbringen“ („anenengkein hamartias“, anenengkein: Inf. Aor. v. anaphero) und nicht: sie „hinwegnehmen“.
– 104 und 1011: Hier heißt es in der Tat „wegnehmen“, aber das nicht im Zusammenhang einer positiven Aussage über das Opfer Christi, sondern von negativen über
. „das Blut von Stieren und Böcken“, das „unmöglich Sünden hinwegnehmen“ könne, und über
. den Priester, der „viele Male die gleichen Opfer dar(bringt), die doch niemals Sünden wegnehmen können“.
Enthält die ungeheure Vorstellung, daß Jesus „die Sünden“ und nicht sich selbst für die Sünden „opfert“ eine sehr präzise Erläuterung zu Joh 129, zum „ho airon tän hamartian tou kosmou“ (ist das tän hamartian nicht ein Singular: das Lamm Gottes, das „die Sünde der Welt aufnimmt“, nicht die Sünden?).
Zu Joh 129 vgl. 1 Joh. 35, lt. Einheitsübersetzung: „Ihr wißt daß er erschienen ist, um die Sünde wegzunehmen …“, wörtlich: …, hina tas harmatias arä. Das arä kommt vom gleichen Verb wie das ho airon in Joh 129 (von airo, nehme auf, ziehe empor, erhebe, hebe auf) und wäre wie dort mit „aufnehmen“, nicht „hinwegnehmen“, zu übersetzen.
Daß die Sünden geopfert, und durchs Opfer „gesühnt“, „hinweg-genommen“ werden „wie durch Feuer“, nicht durch Unterwerfung,
– paßt zu dem Wort: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“, denn die Barmherzigkeit ist das (Schlacht-, Brand-, Versöhnungs-) Opfer der Sünde;
– macht verständlich, weshalb das Opfer Abels (das Tieropfer) angenommen, das des Kain (die Früchte des Feldes repräsentieren nicht die Sünde) aber zurückgewiesen wird;
– hängt auch mit der Melchisedech-Tradition (in der nicht die Früchte des Feldes, sondern deren Verarbeitungsprodukte: Brot und Wein geopfert werden) zusammen;
– wirft ein neues Licht auf das Passah-Opfer vor dem Auszug aus Ägypten (den Erstgeborenen der Ägypter entspricht das Passah-Lamm, mit dessen Blut die Pfosten der Türen bestrichen werden);
– befreit die Blutsymbolik vom Schein der entsetzlichen „Metzger“-Theologie (zum Blutsymbol vgl. dessen Beziehung zum pflanzlichen Blattgrün und zum kopernikanischen System);
– befreit den Opferbegriff vom Bann des Tauschprinzips.
Entspricht der Verinnerlichung des Opfers nicht das Verständnis des Objektivations- und Verweltlichungsprozesses selber als Opfer, das die Religion von der blasphemischen Tradition ihrer Instrumentalisierung (wie durch Feuer) reinigt?
Durch die Vorstellung einer „Entsühnung der Welt“ (durch die Opfertheologie, die selber Produkt einer Instrumentalisierung ist) wird der Instrumentalismus freigesprochen und die Idee des objektiven Ziels (der Parusie) abgeschnitten: durch die „Entsühnung der Welt“ wird der Himmel zerstört.
Eph 55: „Kein unzüchtiger, schamloser, habgieriger Mensch – d.h. kein Götzendiener – erhält ein Erbteil im Reich Christi und Gottes.“ Hat das „unzüchtig, schamlos und habgierig“ (und insgesamt der „Götzendienst“) etwas mit den drei evangelischen Räten zu tun? Dann müßte „schamlos“ der Kontrapart zum „Gehorsam“ sein. Aber sind nicht „unzüchtig, schamlos und habgierig“ heute die Konstituentien der Welt?
Kol 213: „Gott aber hat euch zusammen mit Christus lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben.“ Hier verknüpft Paulus die Vergebung der eigenen Sünden mit der Auferweckung der anderen!


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