29.01.89

Zur Bedeutung von Strafe: Wer ist strafwürdig? Wer ist nur therapiefähig? Gestraft wurden nach dem Kriege nur die, die eigentlich zu therapieren gewesen wären, während die anderen, wirklich Strafwürdigen, z.B. die Nazirichter, ausnahmslos der Strafe sich entziehen konnten, formal exkulpiert wurden. Kein Tatbestand bezeichnet genauer die Perversion, Gemeinheit und Heuchelei dessen, was man heute Rechtsstaat nennt; und kein Tatbestand führt näher an den Punkt heran, den – in der jüdisch-christlichen Tradition – der Begriff der Umkehr bezeichnet.

Die bloße Abschaffung der Strafe allein – und ihre Ersetzung durch Sozialtherapie – wird der Realität des Bösen in der Gesellschaft nicht gerecht; wichtiger ist die „Lokalisierung“ des Bösen, die der Idee und dem Begriff der Strafe allein angemessen ist: Nicht die Sexualität, sondern die Politik (bzw. die obszöne und zugleich mythische Vermischung beider) ist der reale Ort von Schuld und Strafe.


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