29.12.93

Die Welt ist als Substanzbegriff ein Funktionsbegriff (Zusammenhang mit dem Ursprung und der Bedeutung des Begriffs des Absoluten: Produkt der Abstraktion von der Funkion des Weltbegriffs, der Abstraktion vom Schuldzusammenhang, in dem der Weltbegriff sich konstituiert; Konstituierung des Absoluten als Kern der Exkulpationsautomatik). Wenn es den Weltbegriff ohne den Begriff des Absoluten nicht gibt, dann bedarf es der Theologie zur Kritik des Absoluten (zur Kritik der Hybris).
Hegels Philosophie radikalisiert den kantischen Ansatz: wonach wir nur das erkennen, was wir in die Dinge hineingelegt haben. Das Ich als Absolutes erkennt in den Dingen nur sich selbst. Aber diese Hybris ist vorgezeichnet in der logischen Struktur des Denkens selber, durch den Weltbegriff ist sie zu einer selbsttätigen Automatik geworden. In der Schrift wird der Weltbegriff durch die Schlange symbolisiert: die Schlange ist das klügste aller Tiere (klug, d.h. der Selbsterhaltung fähig, sind alle Tiere). Seinen Jüngern hat Jesus geraten: Seid klug wie die Schlangen (und ergänzt: und arglos wie die Tauben – ist das nicht eine Anweisung, wie Hegel zu lesen ist: nämlich ohne der Paranoia zu verfallen, die mit der Logik sich durchsetzt?).
Seht, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe: So hat Jesus seine Jünger darauf hingewiesen, daß sie in eine vom Privateigentum und vom Selbsterhaltungsprinzip: vom Staat, beherrschte Welt kommen. Die Wolfswelt ist der Staat.
Der Antijudaismus und in seiner Konsequenz auch der Antisemitismus ist vom Weltbegriff nicht abzulösen. Die Rezeption des Weltbegriffs (zusammen mit der Philosophie, dem Hellenismus) war das Medium der antijudaistischen Verarbeitung des Urschismas.
Ist nicht der jesuanische Gottesname „Vater“ der Platzhalter einer Theologie im Angesicht Gottes? Aber wurde dieser Vatername nicht schon mit dem Titel der Kirchenväter säkularisiert, verweltlicht, historisiert, verendlicht?
Vater, laß die Augen dein über meinem Bette sein: So sind die schlafenden Jünger in Getsemane zum Vorbild der Kirche geworden.
Wer war die Königin von Saba?
Die Empörung ist die Schrumpfform der Leidenschaft (ihr Erstickungstod), an den Weltbegriff, die intentio recta, die Herrschaft der subjektiven Formen der Anschauung, gebunden: Ausdruck der Irrealität, der „Gegenstandslosigkeit“ der Umkehr, des herrschenden Atheismus. Reflexion, und damit Humanität, gibt es nur noch im Kontext der Schuldreflexion (der „Gottesfurcht“): unter der Bedingung, daß der Bann der subjektiven Formen der Anschauung (und damit der Bann der Welt) sich brechen läßt.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie