Die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit begründet den Weltbegriff und installiert im Subjekt den Mord-, Rache- und Rechtfertigungstrieb. Die Opfertheologie hat diesen Trieb bewußtseinsfähig gemacht, ihn aber mit dem Konzept der „Entsühnung der Welt“ zugleich gerechtfertigt und stabilisiert.
Die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit ist das Gegenteil der Erinnerung, der innere Kern des Verdrängungsapparats, der über den historischen Objektivationsprozeß auch die Vergangenheit noch in seinen Dienst nimmt. Die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit treibt die Zukunft aus der Vergangenheit aus, macht sie erst wirklich zur toten Vergangenheit: Das ist die conditio sine qua non ihrer Vergegenständlichung. Das aber bedeutet, daß Erinnerungsarbeit nicht auf die Geschichte sich beschränken läßt: Sie schließt auch die Natur mit ein. (Ulrich Sonnemann: Zukunft ist von außen wiederkehrende Erinnerung; daher hat die Gedächtnislosigkeit keine.)
Enthält das Griechische in den im Lateinischen bereits verdrängten Konjugationsformen (insbesondere in Aorist und Medium) Erinnerungsspuren seines Ursprungs?
Wenn die drei Dimensionen des Raumes drei verschiedene Formen seiner Beziehung zur Zeit repräsentieren, steckt dann nicht in der Linearisierung der Zeit ein Konstruktionsfehler?
War nicht das Newtonsche Konzept des absoluten Raumes Reflex und Grundlage historischen (herrschaftsgeschichtlichen) Absolutismus, aus dessen Bann wir bis heute nicht herausgetreten sind?
Der Fundamentalismus verwechselt die zweite Natur mit der ersten.
Enthält nicht die Figur des Henoch in den pseudepigraphischen Schriften des Alten Testamentes Hinweise zur Lösung der Beziehung von Astronomie, Zeitmessung und Schrift?
Die Orthogonalität macht das Ungleichnamige gleichnamig. Ist nicht die christliche Theologie (als Theologie hinter dem Rücken Gottes) das Opfer dieses bis heute unbegriffenen Mechanismus?
Sind nicht Pflanzen und Tiere verschiedene Formen der Verkörperung der Beziehung des Lebendigen zur Zeit?
Wenn Recht im Namen des Volkes gesprochen wird, ist dann nicht das Volk das Kollektivsubjekt, das zur Entlastung der Richter in Haftung genommen und eben dadurch zur Schicksalsgemeinschaft zusammengeschweißt wird? Dieser Begriff des Volkes drückt genau das aus, was dann vergeblich versucht wurde, im Namen der Heiden vom Begriff des Volkes, aus dem er sich herleitet, zu trennen. So wurde der Name der Heiden neutralisiert und dem griechischen Namen der Barbaren angeglichen. Das Wort, das in unseren Bibeln mit Heiden übersetzt wird, heißt im Original Völker.
Wenn die Sekten die Apokalypse als Angstgenerator benutzen, beuten sie dann nicht einen Mechanismus aus, den die Kirchen zuvor installiert haben? Und dagegen hilft nicht das Tabu auf der Apokalypse, sondern dagegen hilft einzig die Selbstaufklärung der Apokalypse. Und die ist möglich.
Johann Baptist Metz auf die innere Differenzierung des Begriffs des Universalen hinweisen:
– Gericht und Barmherzigkeit, Vergangenheit und Zukunft, Ich und Du (Asymmetrie),
– Rind und Esel (Joch und Last),
– Adornos „erstes Gebot der Sexualmoral“,
– Levinas: Die Attribute Gottes stehen nicht im Indikativ, sondern im Imperativ,
– Ontologie als vergeblicher Versuch, die Ethik als prima philosophia zu leugnen.
29.3.1995
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