Können Opfer „Revolution machen“, ohne aus der Opferrolle herauszutreten? Ist die Revolution überhaupt etwas anderes als dieses aus der Opferrolle Heraustreten?
Dagegen scheint es eines der charakteristischen Merkmale der Studentenbewegung gewesen zu sein, wenn deren Mitglieder – und zwar wie es scheint bewußt – sich mit der Rolle der Opfer in dieser Gesellschaft (nicht mit den Opfern dieser Gesellschaft) identifizierten. Wenn sie der Gesellschaft im Bilde ihrer Opfer vor Augen hielt, was sie nach Faschismus und ohne Aufarbeitung der Vergangenheit immer noch repräsentierte, provozierte sie – voraussehbar und nicht zufällig – in steigendem Maße Verblendung und Wut, das Wiederaufleben des Faschismus. Die Identifikation mit der Opferrolle war ebenso Voraussetzung wie Haupthindernis einer wirklichen Änderung der Verhältnisse: Unverkennbar die Verführung zu Selbstmitleid und Paranoia sowie – in der Theorie, im Bewußtsein – zum Konkretismus (eine Gefahr, der insbesondere die ökologische Bewegung ausgesetzt zu sein scheint), schließlich die Unfähigkeit, die eigene Rolle in dieser Situation überhaupt noch zu reflektieren.
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