31.5.1994

Zu Heideggers Begriff des „Daseins“: Wird damit der Mensch nicht als einer definiert, auf den man zeigen kann? Vgl. hierzu Hegel: „Das Dasein ist als bestimmtes Sein wesentlich Sein für anderes.“ (Grundlinien der Philosophie des Rechts, 71, S. 78)
Ist es nicht komisch und blasphemisch zugleich, wenn dieser Papst seinen Badezimmer-Unfall und das daraus folgende Leiden theologisch aufwertet, und d.h. in letzter Instanz mit dem Kreuzestod auf eine Stufe stellt? Dies ist nun wirklich das Ende einer immer schon vom Selbstmitleid durchtränkten Leidensmystik, Korrelat einer Opfertheologie, gegen die an das Wort zu erinnern ist: Barmherzigkeit, nicht Opfer. Dieses Konstrukt steht in der kirchlichen Tradition der Vergesellschaftung des Staubes und Privatisierung der Wehen.
Wer Privatereignisse (und dazu gehört auch das „Sein“, wie überhaupt die Ontologie das Modell dieses Verfahrens bereitstellt) mit Bedeutungsmacht auflädt, ist in der Hybris gefangen: in der Hybris der Schamlosigkeit. Das Problem der Scham ist ein Problem des Takts, der Sensibilität (hier gründet die Logik des Greuels am heiligen Ort, des Greuels der Verwüstung). Das Werk der Verdrängung und des schlechten Gewissens, es gründet im Bereich des Schuldverschubsystems, zu dem die vom Tauschprinzip beherrschte (oder die staatlich organisierte) Welt geworden ist.
Hat die Zornesröte ihren Ursprung in der Schamröte, ist der Zorn die zum Handeln sich kontrahierende Scham?
Das Schuldverschubsystem, der zur Wut neutralisierte Zorn oder die transzendentale Logik des Geschwätzes (Hereinnahme des Objekts in die Urteilsform unterm Gesetz der subjektiven Formen der Anschauung).
Gräberschändung: Kontrafaktische Urteile sind taktlos (Emanationen der Wut); sie brauchen die Vergangenheit, die sich nicht wehren kann, als Projektionsfolie der eigenen Verdrängungswünsche und Rechtfertigungszwänge.
Geschichtsphilosophie: Dem Blitz des Matriarchats folgte der langanhaltende Donner des Patriarchats.
Aleph, Beth, Gimmel: Was haben der Ochse, das Haus und das Kamel miteinander zu tun (wo gibt es Kamele in der Bibel, wer waren die Midianiter, wer hat Joseph nach Ägypten gebracht)?
Gibt es eine Affinität der Logik der Schrift zum Symbol (oder zur Logik des Symbols) des Stiers?
Das Tier von der Erde hat zwei Hörner wie ein Widder und redet wie ein Drache: Ist das Gottessohn-Bekenntnis nicht auch das Bekenntnis der Dämonen, und ist Petrus, der Jünger, der auch dieses Bekenntnis ablegt, nicht auch der Einzige, zu dem Jesus sagt: Weiche von mir, Satan?
Wie verhalten sich die sieben Werke der Barmherzigkeit zur Lösung der sieben Siegel, und in welcher Beziehung stehen beide zu den sieben Sakramenten (zu den sieben Planeten)?
Die Befreiung Maria Magdalenas von den sieben unreinen Geistern: Ist das nicht ihre Befreiung von der kirchlichen Versteinerung der Herzen?
In welcher Beziehung steht das Verhältnis von Form und Materie zum Kelch und seinem Inhalt? Ist im Bilde des Kelches nicht doch alles eingeschlossen, was einen Inhalt hat: von Raum und Zeit (von den subjektiven Formen der Anschauung) über den Begriff bis hin zu den Gemeinschaften wie Kirche und Nation, alles, was sich äußerlich auf einen Inhalt bezieht?


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