Das futurum perfectum, die zukünftige Vergangenheit, ist die Zeitform der Naturwissenschaften. „If the future will be like the past“: Diese Frage beantworten die Naturwissenschaften für ihren definitorisch abgegrenzten Bereich mit einem schlichten Ja. Unerforscht (trotz Kant) ist aber die Konstitutionsfrage: Unter welchen Prämissen, aus welchen Ursprüngen funktioniert diese Zeitform? Welchen komplizierten Weg mußte die menschliche Vernunft (von der politisch-ökonomischen Vorausplanung im Rahmen der staatlich-gesellschaftlichen Daseinsvorsorge bis zu den erkenntnistheoretischen Konstitutionsfragen) gehen, um tragfähige Begriffe zu gewinnen, die den „Abgrund der Gegenwart“ zu überbrücken in der Lage sind und Vergangenheit und Zukunft in der Weise mit einander verbinden, daß aus vergangenen Erfahrungen (Erinnerungen) Schlüsse auf zukünftige Abläufe und Ereignisse gezogen werden können. Das prädestinierte Material und Medium dieser „Brücke“ war seit je die Mathematik, deren erkenntnistheoretische Bedeutung genau in ihrer Eignung für diesen Zweck liegt; zugleich aber liegt hier auch ihre erkenntnissystematische Grenze, eine Grenze, die näher sich bestimmen läßt anhand ihrer Beziehung zur Sprache: Eine Sprachphilosophie, die nicht auch eine genetische Theorie der Mathematik mit enthält (zusammen mit einem differenzierten Zeitbegriff), verfehlt ihren Gegenstand. Unterscheidung des „Immergeltenden“ vom Begriff des „Ewigen“ (der eher dem der Gegenwart als dem des Überzeitlichen gleicht, und Zeit, soweit sie auch die Vergangenheit mit umfaßt, von sich ausschließt; das Vergangene ist im Lichte des Ewigen nur noch Objekt der Befreiung, Erlösung).
Die Genesis des futurum perfectum fällt in die Herrschaftsgeschichte (Nomadentum/Astronomie, Staatenbildung/Organisation der Arbeit, Kapitalismus/Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip). Abspiegelung der Schöpfungsgeschichte?
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