31.7.1995

Bendorf (23.-30.7.):
sch’ma: lt. Goodman-Thau „den Namen sehen“. Wie hängt das Hören (sch’ma) mit dem Himmel (schamajim) zusammen? Ist dieser Himmel der sichtbarer Inbegriff (ein sichtbares Kollektiv-Abstraktum) des Hörens? – Das Sehen ist ein kommunikativer Akt (es bezieht sich auf den Gegenblick: das Angesicht); davon abstrahiert die Anschauung.
Die Anschauung zerstört das Sehen wie der Gehorsam das Hören (beide, Sehen und Hören, sind kommunikative Tätigkeiten).
In der Beziehung der ofanim (der Räder) zu panim (Ez) erweisen sich die Räder als Gesicht, aber in der Einheit von vorn und hinten (der „Felgen“, die eigentlich der Rücken sind, die voller Augen sind).
Mirjam = mar-jam: bitteres Meer. Vgl. das Magnificat.
Zu Ez 49ff: Verweist das Bild von dem Brot das auf Menschenkot (und dann auf Rinderkot) gebacken werden soll (und das „Zerbrechen des Stabes des Brotes in Jerusalem“), nicht auf den Ursprung der Marktwirtschaft, ein wesentliches Moment der Geschichte der politischen Ökonomie in Babylon (und auf das „panem nostrum cottidianum da nobis hodie“)? Vgl. Freuds Interpretation des Kot-Symbols (als Geldsymbol), die Ersetzung des Menschen- durch Rinderkot (Erinnerung an die Opfergeschichte: Auslösung der Erstgeburt des Menschen durch Rind). Das Backen des Brots auf Kot als Symbol der Ersetzung der Eigenproduktion durch die Produktion für den Markt (Grund des Ursprungs des Staates; Substitution des Hungers durchs Geld, ein Produkt der Ausscheidung). – Brot als Symbol der Barmherzigkeit (der oberste Bäcker im Gefängnis des Pharao wird hingerichtet: Ursprung des Sklavenhauses).
Jakob, Esau und das „Erstgeburtsrecht“: Der (das) Erstgeborene ist fürs Opfer bestimmt. Wie hängt die „Erstgeburt“ mit der Beziehung des Raumes zur Umkehr zusammen?
Ps 1379: Tu es Petrus?
Der Indikativ (Prinzip jeder Dogmatik) begründet das Schuldverschubsystem und verhindert die Schuldreflexion (begründet den Schein der Entbindung von der Pflicht zur Schuldreflexion). Der Indikativ (und sein Produkt der Staat) ist eine Exkulpationsmaschine. Vgl. den Sühnedeckel in Lev 16.
Die Erfindung des Indikativ (des „ist“) gründet in der Logik der Schrift. (Das Sein und die Ontologie gehören zu den Fundamenten des Nationalismus.)
Der Fundamentalismus steht unterm Vorzeichen des Indikativs; durch ihn ist er an den Weltbegriff und an den Nationalismus gebunden (an die Begründung der Sprache durch Gewalt und Hierarchie). Der Fundamentalismus macht die Texte stumm, ersetzt das Wort durch die Gewalt.
Die homousia ist das Siegel des Kaisers, des Imperiums, im Dogma: ein Produkt des Indikativs, unter dessen Gesetz das Dogma steht. Sie verletzt das Verbot, Rind und Esel vor einen Pflug zu spannen.
Der Antisemitismus, die Herrschaftstheologie und die Frauenfeindschaft schließen sich nicht nur nicht aus, sie bilden eine Konstellation. Ihr Ursprungsgeschichte beginnt mit dem Urschisma.
Der Weltbegriff leugnet und verdrängt die asymmetrische Verantwortung: er gründet in den subjektiven Formen der Anschauung, die diese Verdrängung gleichsam apriori für ihn leisten.
Verhalten sich Sünde und Schuld wie Objekt und Begriff (Natur und Welt)?
Rettendes Licht: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 514). Die Finsternis wird nicht am Licht, sondern das Licht an der Finsternis gemessen. „Der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe“ (Jes 457; Vgl. 4518: „der die Himmel geschaffen, … die Erde gebildet … hat“). Nur der Fundamentalismus dekretiert alles als Finsternis, was außerhalb des durch ihn definierten „Lichts“, des Dogmas, des „Bekenntnisses“, ist. Vgl. Lk 1135: Sieh nun zu, ob das Licht, das in dir ist, nicht Finsternis sei! (Ist nicht der Indikativ der Grund dieser Finsternis?)
War nicht der scholastische Begriff der Analogie ein Instrument der Übersetzung des Symbolischen in den Indikativ?
Das Gesicht läßt Ezechiel aufs Antlitz fallen; um hören zu können, muß der Geist ihn wieder auf die Füße stellen.
Wie hängt das Sehen mit dem Wasser und dem Ich zusammen: Vgl. Ez 11, das „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“, Noe, Ham und Kanaan (das Aufecken der Blöße und die Knechtschaft) und den Ursprung der Philosophie (Thales: Alles ist Wasser; Verinnerlichung der Schicksalsidee, Ursprung des Begriffs, Logik der Schrift als Subsumtion des Hörens unter die Logik des Sehens).
Die Trinitätslehre und die Opfertheologie lassen sich aus einem Prinzip ableiten, dessen Rekonstruktion das Christentum vom Bann, der auf ihm lastet, befreien wird.
Das „bara“, diese eigentliche Tätigkeit des göttlichen Erschaffens, bezieht sich in der Genesis außer auf die Himmel und die Erde am fünften Tag auf drei Objekte (die großen Seetiere, die Fische und die Vögel des Himmels) und am sechsten Tag auf ein dreifaches Tun an einem Geschöpf: am Menschen (als Sein Bild, als Gottes Ebenbild, als Mann und Weib schuf er ihn). Spiegelt sich darin nicht eine ähnliche Konstellation in den Werken der ersten beiden Tage, an denen er (das Licht von der Finsternis bzw. die oberen von den unteren Wassern) scheidet, wobei er jedoch am ersten Tag die geschiedenen Objekte (Licht und Finsternis als Tag und Nacht), am zweiten Tag das Instrument der Scheidung (die Feste als Himmel) benennt?
Das Licht im blinden Fleck der Philosophie ist das Angesicht, der Name und das Feuer: der prophetische, der messianische und der apokalyptische (parakletische) Kern der Philosophie.
Die phonetischen Grundlagen der alphabetischen Schrift sind nicht bedeutungsneutral. Das wird deutlich hervortreten, wenn begriffen wird, wie der Name der Deutschen und der des Feuers mit dem Bedeutungsgehalt der deutschen Ausprache des Diphtongs „eu“ zusammenhängen.


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