31.8.1995

Zwischen dem historischen und dem prophetischen Indikativ liegt die Reflexion des Inertialsystems, die Kritik der Naturwissenschaften.
An Gott will keiner erinnert werden, weil im Angesicht des Ewigen das Vergangene nicht nur vergangen ist.
Der Indikativ der Lehre ist vom historischen Indikativ dadurch unterschieden, daß er ein Indikativ im Angesicht Gottes ist. Die Lehre wird nicht durch ein kirchliches Lehramt definiert, sie gewinnt allein Bestand im Angesicht Gottes.
Der Objektivitätsanspruch der Medien schließt das Fertigmachen mit ein.
Ist der Name der „Tochter Sion“ nachexilisch (von Ps 915 über Jes, Jer, Klag (6 Stellen), Mich, Zeph bis Sach 214 und 99)?
Trinitätslehre: Wenn die Attribute Gottes im Imperativ und nicht im Indikativ stehen, dann beweisen Männer ihre Gottähnlichkeit schon durchs Zeugen. War das der Grund, weshalb diese Theologie, die nicht mehr unmittelbar Quellpunkt der Moral war, durch eine Sexualmoral ergänzt werden mußte?
Ist die Übersetzung des Namens mit „Herr“ nicht die Ursache einer verhängnisvollen Zweideutigkeit? So lassen sich Herr und Herr nicht mehr unterscheiden. Vgl. Ps 1101: Es sprach der Herr zu meinem Herrn, die Buber so übersetzt: Erlauten von IHM zu meinem Herrn. Ist diese Unterscheidung nicht eine ums Ganze? Auf welchen „Herrn“ bezieht sich der Name kyrios in den Evangelien? Steckt in diesem Titel nicht die List der Vernunft Hegels (oder die der politischen Theologie, der Herrschaftstheologie)?
Zum Problem der asymmetrischen Spiegelung: Steht nicht die gesamte christliche Theologie im Zeichen des noachidischen Bundes, des Bogens (Gen 912f)? Hat dieser Bogen etwas mit dem „Gewölbe“ (der Feste) des zweiten Schöpfungstages zu tun?
Ist nicht auch das ein Stück asymmetrischer Spiegelung, wenn der Faschismus sich genau dadurch reproduziert, daß er die Vergangenheit eingebunkert, sie durch seine Finsternis verdunkelt hat? Aber ist die Zerstörung der Erinnerungsfähigkeit nicht auch ein objektiver Sachverhalt (der durch den bloßen Entschluß sich nicht ändern läßt), war der Faschismus nicht auch ein Modernisierungsschub, einer, der ihn fast unangreifbar gemacht (die bloße Verurteilung erreicht ihn nicht, dagegen ist er immun). Kritik des Faschismus heute meint den Esel und schlägt den Sack.
Deutschunterricht: „Was will uns der Autor damit sagen?“ – Taugen am Ende nicht doch nur die Sätze was, die mehr sagen, als der Autor „sagen wollte“? Ist nicht die Germanistik (ist nicht der Deutschunterricht) darin der Theologie verwandt, daß sie anstelle des Herzens eine kontrafaktische Urteile produzierende Automatik hat?
Das kontrafaktische Urteil ist das Kuckucksei im spekulativen Nest des Absoluten (ist das Absolute der Inhalt dieses Eis?).
Der historische Indikativ, auf den die christliche Tradition das von ihr so genannte „Alte Testament“ festgelegt hat, ist der Quellpunkt der Idee des Absoluten.
Wer begreift, weshalb in der Johannes-Apokalypse der Taumelkelch zum Unzuchtsbecher geworden ist, hat das Rätsel der christlichen Theologie gelöst.
Die Sexualmoral ist das kontrafaktische Urteil der göttlichen Barmherzigkeit.
Sind nicht moralische Urteile insgesamt kontrafaktische Urteile, und sind nicht kontrafaktische Urteile durch das Interesse an moralischen Urteilen determiniert (eine Konsequenz aus der Transformation des Gebots ins Gesetz, Folge der Verwechslung von Rind und Esel)?
Evangelische Räte: Ist die Armut auf den Vater, das Hören (der „Gehorsam“) auf den Sohn und die Keuschheit auf den Geist bezogen?
Wie hängen Kohelet und Jesus Sirach, Ekklesiastes und Ekklesiastikus, mit einander zusammen? Verweisen nicht beide auf den neutestamentlichen Kirchenbegriff (die ekklesia, im Unterschied zur synagoge)? Wie hängt die ekklesia mit der Versammlung im Tor (Ort der Versammlung und des Gerichts, nicht des Gebets!) zusammen?
Sind nicht die sieben Gemeinden in Asien (in der Johannes-Apokalypse) sieben Kirchen (ekklesiai)? Und wird nicht durch diese sieben Kirchen der Name der una sancta catholica ecclesia widerlegt?
Paßt nicht zur „Versammlerin“ die Maria Magdalena, die von den sieben unreinen Geistern befreit wurde?
Mein ist die Rache, spricht der Herr: Liegt nicht das Problem der Beziehung des historischen zum prophetischen Indikativ darin, daß, wer in der Vergangenheit nach Schuldigen sucht, selber in den Bann der Vergangenheit gerät: durch die Exkulpationsstrategien, in denen die Logik der Schuld sich konstituiert, in eben diese Schuldlogik sich verstrickt, aus der er nicht mehr sich zu lösen vermag? Ist nicht das Historismus-Problem wie auch das Welt-Problem allein über die Rekonstruktion der Logik der Schuld zu lösen, über ihre Beziehung zum Angesicht Gottes (im Leuchten seines Angesichts löst die Logik der Schuld sich auf).
Festzuhalten ist das gleichsam flüssige Wesen der Schuld, daß, wer sie dingfest zu machen versucht, von ihr überschwemmt wird.
Der Segen ist der Grund der Fruchtbarkeit, das Feigenblatt der der Unfruchtbarkeit.
Teilt nicht das Buch Kohelet das Schicksal des Hiob-Buches, aus dem in der Regel auch nur die „Freunde Hiobs“ zitiert werden? Die Freunde Hiobs repräsentieren die Schrift, während Hiob darauf besteht zu hören (und sei es das Donnern des Herrn).
Worauf bezieht sich der Satz im Schlußteil des Kohelet: Des vielen Büchermachens ist kein Ende, und das viele Studieren ermüdet den Leib (1212)?


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