Nach herrschender Auffassung sind alle Apokalypsen entweder – wie die Johannes-Apokalypse – in griechischer Sprache geschrieben oder aber nur in „Übersetzungen“ (griechische, äthiopische, arabische, syrische, slawische u.a.) erhalten. Kann es sein, daß auch die Übersetzungen keine sind, daß vielmehr die nichthebräischen Sprachen Grundlage der apokalyptischen Symbolwelt sind, daß die Apokalypsen die katastrophischen Erfahrungen widerspiegeln, denen das durch die hebräische Sprache und Schrift sensibilisierte Bewußtsein sich ausgesetzt sieht, wenn es in einem fremden Sprachraum sich zu bewegen gezwungen ist, wobei die Symbole, in denen diese Erfahrungen sich ausdrücken, kosmische, sprachlogische und moralische zugleich und in eins sind? Das fundamentalistische Mißverständnis dieser Symbolwelt, das allein die kosmischen Ereignisse wahrnimmt, von den moralischen und sprachsymbolischen Konnotationen dagegen abstrahiert, würde dann selbst zu den Objekten der Apokalypse (zu den „Greueln am heiligen Ort“) gehören. Die Vermutung, daß zwischen der Prophetie und der Apokalypse der Ursprung des Weltbegriffs (und der Ursprung des Staates) liegt, drückt den gleichen Sachverhalt aus. Ausgangspunkt wäre die Vermutung, daß z.B. die paradiesische Schlange schon das Neutrum (das es in der hebräischen Sprache nicht gibt, und das die indoeuropäische von der hebräischen Sprachlogik unterscheidet), die „großen Meeresungeheuer“ (der „Chaosdrache“) die Sprachen der Völkerwelt (nicht der Heiden) insgesamt symbolisieren.
Wenn das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande auf neutrumsabhägige Formen der Konjugation sich beziehen, was bedeuten dann die Köpfe und Hörner?
Off 123ff:
– ein Zeichen im Himmel,
– ein feuerroter großer Drache,
– mit sieben Köpfen und zehn Hörnern, auf seinen Köpfen sieben Kronen.
– Der große Drache, die alte Schlange, genannt der Teufel und der Satan, wurde auf die Erde geworfen, seine Engel mit ihm.
Off 131ff:
– Ich sah aus dem Meer ein Tier heraufkommen,
– mit zehn Hörnern und sieben Köpfen, auf seinen Hörnern zehn Kronen, auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen.
– Das Tier wär ähnlich einem Panther, seine Füße die eines Bären, sein Rachen der eines Löwen.
– Der Drache gab ihm seine Kraft, seinen Thron und seine Macht.
– Einer seiner Köpfe war wie zu Tode getroffen, seine Todeswunde wurde geheilt; die ganze Erde sah staunend dem Tiere nach, sie beteten den Drachen an, sie beteten das Tier an.
Off 1311ff:
– Ich sah ein anderes Tier aus der Erde hervorkommen,
– zwei Hörner gleich einem Lamm und redete wie ein Drache.
– Alle Macht des ersten Tieres übte es vor seinen Augen aus, und bewirkte, daß die Erde und ihre Bewohner das erste Tier anbeteten.
– Es tut große Zeichen, Feuer vom Himmel auf die Erde vor den Menschen; verführt die Bewohner der Erde aufgrund der Zeichen, die vor den Augen des Tiers zu tun ihm verliehen ist, beredet die Bewohner der Erde, dem Tier ein Bild zu machen (der die Wunde vom Schwert hat und lebendig geworden ist), dem Bild des Tiers Lebensgeist zu verleihen, sodaß es sogar redet und bewirkt, daß alle getötet werden, die das Tier nicht anbeten.
– Bewirkt, daß alle sich ein Malzeichen auf ihre rechte Hand und auf ihre Stirn machen, und daß niemand kaufen oder verkaufen kann, der nicht das Malzeichen hat: den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.
– Weisheit und Verstand berechnen die Zahl des Tieres (es ist die Zahl eines Menschen): 666.
Wenn die Momente des Namens des Himmels, Feuer und Wasser, auf das Wer und das Was verweisen, heißt das nicht, daß im Namen des Wassers das Neutrum sich verbirgt? Es bleibt als Objekt im Namen des Himmels, gewinnt nicht Macht über die Sprache.
Muß man nicht die erkennende Kraft der Sprache, die im Namen gründet, von ihrer mitteilenden Funktion unterscheiden (und trennen), und gründet nicht der Begriff (das Neutrum) in der Subsumtion der erkennenden Kraft der Sprache unter ihre mitteilende Funktion?
Gründet nicht die noesis noeseos im deklinierbaren bestimmten Artikel (in dem innersprachlichen Verweisungszusammenhang, den der bestimmte Artikel begründet, in seiner idealisierenden Kraft)?
4.2.96
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