6.10.1994

Heute auf der Buchmesse, ein schimpfender Mann: „Die Politik unserer Politiker ist im Eimer, die Kunst ist im Eimer, die Wissenschaft ist im Eimer. Aber was ist nicht im Eimer?“ Ich hatte die Antwort auf der Zunge, habe sie dann aber heruntergeschluckt: Der Eimer. – Aber hat der Mann nicht recht? Nur wäre zu fragen: Steht nicht der Eimer für die „subjektiven Formen der Anschauung“, für Raum und Zeit, und ist deren Symbol nicht der Kelch, und ist er damit nicht konkret reflexionsfähig geworden? Sind es nicht die subjektiven Formen der Anschauung, unter deren Apriori die benennende Kraft der Sprache ihren Gegenstand verliert, und alle Dinge (als „Inhalte“ von Raum und Zeit) in Erscheinungen (den „Inhalt“ des Eimers, des Kelchs) sich verwandeln?
Seit Kopernikus ist die Welt im Eimer.
Ist der „Inhalt“ des Kelches, und sind damit der Grund des Taumelns, der göttliche Zorn und die Unzucht nicht genauer bestimmbar; haben Taumeln, Zorn und Unzucht etwas mit den drei evangelischen Räten (der Armut, dem Hören und der Keuschheit) zu tun?
Wenn Emmanuel Levinas (Schwierige Freiheit, S. 261) den Unterschied zwischen Messianismus und zukünftiger Welt betont, verweist er damit nicht auf die Unterscheidung von Schrift und Wort? Und ist nicht die Logik der Schrift der Ursprungsort des „Kelches“, der „subjektiven Formen der Anschauung“? Löst sich nicht das Problem des Fundamentalismus durch die Unterscheidung von Schrift und Wort?
Kontrafaktische Urteils sind die Rache des objektivierenden Verfahrens in der Geschichtsschreibung (der Vergegenständlichung der Geschichte zur Geschichte durch die Geschichtsschreibung).


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