6.12.1996

Wie hängen die drei Elemente Name, Umkehr und Angesicht mit den drei Elementen im Stern der Erlösung zusammen, mit Gott Welt Mensch? Bezieht sich nicht der Name auf Gott, die Umkehr auf die Welt und das Angesicht auf den Menschen? Aber steckt nicht im Angesicht des Menschen das verborgene Angesicht Gottes und der Welt, schließt nicht die Umkehr, die auf die Welt sich bezieht, die des Menschen und dann auch die Umkehr Gottes mit ein, und ist nicht im Namen Gottes der verborgene Name der Dinge und der Menschen mit enthalten?
Ist die „Zahl eines Menschen“ nicht der Fluchtpunkt einer Sprache, die ihre erkennende Kraft, die Kraft des Namens, verloren hat? Bezieht sich hierauf nicht das Wort, daß, wer einen Sünder von seinen Wegen des Irrtums bekehrt, seine eigene Seele rettet? Und bezieht sich nicht auch das Wort von dem einen Sündern, über dessen Bekehrung größere Freude im Himmel herrscht als über 99 Gerechte, auf diese „Zahl eines Menschen“? Und hat die „Zahl des Menschen“ nicht etwas mit der Geschichte von den sieben unreinen Geistern (die den Wegen des Irrtums korrespondieren) zu tun?
Sind die sieben unreinen Geister die Herren über die Wege des Irrtums?
Welche irdischen Väter kommen in den Evangelien vor, neben
– Zacharias, Joseph, Zebedäus?
– Gehört nicht insbesondere der Vater dessen dazu, dem Jesus sagt: „Laß die Toten ihre Toten begraben“, auch der Vater eines Besessenen, der königliche Beamte, dessen Sohn krank war, Simon Ischarioth (der Vater des Judas), dazu Simon von Cyrene (der Vater des Alexander und Rufus)?
– Dazu gehören dann noch die in den Namen der Söhne bezeichneten Väter, die Väter des Bartholomäus, des Simon Barjonas (Petrus), des Bartimäus, aber auch des Barabbas.
– Und beziehen sich auch die Beinamen auf Väter: Alphäus, Thaddäus, Kleophas?
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland: Aus einem auf der Straße aufgeschnappter Gesprächsfetzen, es ging offensichtlich um einen Arzt: „Er ist sehr nett, und er hat eine Mordspraxis.“ Gehören dazu nicht der Mordshunger und der Mordsspaß, der Mordskerl, das Mordsweib und das Mordskind (auch die Bombenstimmung; dem Bedeutungsfeld dieser Bildungen kommt der Gebrauch des adjektivs „geil“ unter Jugendlichen heute nahe)? Woher kommt und was bedeutet eigentlich die Wendung: aus seinem Herzen keine Mördergrube machen (gemeint ist: frei heraus, ohne „falsche“ Rücksicht auf die „Empfindlichkeit“ von Anwesenden, in ihrer Gegenwart hinter ihrem Rücken über sie reden)? Wie hängt dieser Gebrauch des Mordbegriffs mit dem strafrechtlichen Begriff des Mords zusammen? – Etymologisch bezeichnet der Mord die Instrumentalisierung des Sterbens, nicht nur das einfache Töten, sondern ein Töten für einen außerhalb des Tötens liegenden Zweck (Kluge, S. 488).
Ist nicht die ganze Theologie heute eine, die in Gottes Gegenwart hinter seinem Rücken über ihn redet? Ist die Vorstellung eigentlich so absurd, daß man über Gott nur im Bewußtsein seiner Gegenwart reden darf, daß man eine Theologie (als „Reden über Gott“) ohne eine Reflexion, die dem Gebet zumindest ähnlich ist, blasphemisch zu nennen gezwungen ist? Damit hängt es zusammen, daß eine Theologie, die diesen Namen verdient, zusammen mit der Naturwissenschaft (mit dem objektiverenden Erkenntnisbegriff) nicht bestehen kann.
Die Schrift ist die moralische Norm der Gegenwart, die Gegenwart die Verständnis-Norm der Schrift.
Wie lange ist eine Theologie noch zu halten, die nur noch ihre destruktiven Kräfte auslebt (vom privaten Bereich über die Liturgie, das Dogma, die Moral und die Politik bis in die Ökonomie)?
Ist nicht die Zentrierung der Moral in der Sexualmoral die Venus-Katastrophe?


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