Ist es ein Zufall, daß die gleichen Leute, die dann von der Quantenmechanik den ideologischen Gebrauch machten, gleichsam mit schlechtem Gewissen, nämlich unter dem ebenso fadenscheinigen wie kosten- und prestigeträchtigen Grund der Entwicklung zivil nutzbarer Energiegewinnung aus spaltbarem Material, am Bau der Atombombe mitgearbeitet haben (Rechtfertigungszwang). Die Ideologie steckte gleichsam schon im Ansatz ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit drin, die Verblendung und das pathologisch gute Gewissen waren überdeterminiert. Kein Wunder, daß v. Weizsäcker auf das Problem der Begründung der Quantenphysik durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht ansprechbar war, aber gleichwohl (wie auch andere beteiligte Physiker in Deutschland) zur Philosophie überwechselte. Kann es sein, daß Habermas‘ Wendung gegen einen Utopiebegriff, der auch die Idee einer Änderung der Natur mit einschließt, strukturell mit dieser Wendung Weizsäckers zusammenhängt? – Für von Weizsäcker war die Unbestimmtheitsrelation ein status confessionis. Und den konnte er aus Gründen des Rechtfertigungszwangs nicht aufgeben. Hierbei scheint ein Aspekt der „zweiten Schuld“ mit hereinzuspielen, den Ralph Giordano übersehen hat: die geschickte Nutzung der exkulpierenden Kraft des Staats, der durchs Gewaltmonopol des Staates gedeckten Unschuldsvermutung für alle Amtsinhaber (vgl. die sonst unverständliche Bemerkung bei dem Besuch in Hamburg).
07.04.91
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