Bekenntnis- und Beweislogik: Zusammenhang durch das gemeinsame Moment des „Nicht-erwischt-Werdens“; darin ist der ungeheure Wert der „Tatsachen“ (die durch ihre Beweisbarkeit, nicht durch ihre objektive Realität definiert werden) für das moderne Bewußtsein begründet. Die Beweislogik beherrscht sowohl das Recht wie auch die Wissenschaft, insbesondere die Naturwissenschaft. Sie verweist die Wahrheit auf den Weg des geringsten Widerstands, konstituiert zugleich den Konnex von Objektivation und Instrumentaliserung (Schuld und Sühne; Projektion ins Vergangene und Verfügbarkeit). Zu den Grundlagen der Beweislogik gehört das Prinzip der Intersubjektivität: daß der Beweis durch jeden nachvollziehbar sei. (Auch das Bekenntnis gehorcht der Beweislogik; allerdings auf der Grundlage einer zukünftigen Vergangenheit: dem „Ihr werdet es erfahren“. Die Zeitdifferenz muß zwischenzeitlich überbrückt werden durch Glauben und Hoffnung. Vgl. hierzu Hinkelammerts Reflexionen über den Zusammenhang des Opfers mit der Beweispflicht, der der Opfernde – im Christentum die Kirche – sich selbst unterwirft: Wenn das Opfer und sein mythischer Begründungszusammenhang sinnvoll sein soll, muß das intendierte Ziel: die Vernichtung Trojas, erreicht oder ins Unerreichbare prolongiert werden. In den gleichen Zusammenhang gehören das von Lyotard analysierte Konstrukt des vollkommenen Verbrechens, das nicht mehr aufzuklären ist, weil alle Beweise vernichtet wurden: Auschwitz – das Patriarchat?.)
Beweislogik und Bekenntnislogik gehören zusammen mit Welt und Natur, Begriff und Objekt. (Frauen sind im Patriarchat nicht bekenntnisfähig und unterwerfen sich – wie die „verstockten“ Juden – nicht der Beweislogik, sie sind nicht zeugungsfähig -weder biologisch noch rechtlich. Frauen sind auch nicht erbfähig.)
Zur Dialektik der Beweislogik: nach Horkheimer ist der Antisemit unbelehrbar.
Es ist eine notwendige Konsequenz aus der Beweislogik, wenn Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist, wie auch das Bekenntnis keine Absicherung gegen Gemeinheit enthalten kann („Heute ist schon jeder Katholik so schlau wie früher nur ein Kardinal“), für beliebige Zwecke nutzbar ist: Universal-Instrument, zusammen mit der Entdeckung des Raumes und der Erfindung des Geldes die größte Erfindung der Menschheit, aber zugleich ein Mittel zur Selbstzerstörung der Sprache und zur Abschaffung der Wahrheit, die beide nicht der Beweislogik unterliegen (Gott aber kennt die innersten Regungen des Herzens).
Das mittelalterliche sic et non und die Ausbildung der Beweislogik.
Der Intention nach ist jedes Verbrechen ein vollkommenes Verbrechen (jeder geht davon aus, daß er nicht erwischt wird). Und es sind nur die Dummen, denen es nicht gelingt. Und diese Dummheit wird bestraft.
Wie hängen das Bekennen, das Beweisen und die Zeugenschaft zusammen? Ist der Vaterschaftsbeweis der erste Beweis, und ist das Zeugnis der Frauen vor diesem Hintergrund nicht akzeptabel (vgl. die Geschichte der Thamar)?
Bezeugt sich das Bekenntnis selbst (vgl. die Jesus-Worte hierzu)?
Glauben und Wissen.
Womit handeln die Banken? die Frage wird beantwortbar, wenn man weiß, wie der Kredit mit dem Credo zusammenhängt (und wenn man weiß, weshalb es eine Banco di Spiritu Santo gibt).
13.09.91
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