09.11.91

Schrecken um und um: Musik war das Medium der Bearbeitung dieses Schreckens, bevor sie zum Feind übergelaufen ist: heute stürzt dieser Schrecken auch wieder als Musik (Einheit von Militärmusik und Musik als arbeitsfördende Rhythmik) auf die Menschen ein. Ein Konzept der Musiktherapie ließe sich nur gegen diesen Trend entwickeln: gegen Musik als Schreckensklang und zugleich als die Sprache dessen, den der Schrecken stumm gemacht hat.
Entstehung der Schrift aus Bildern: Ist nicht die Schrift Produkt und Medium der ersten Auseinandersetzung mit der Idolatrie? Und drückt nicht die Konsonantenschrift, die früheste Gestalt der alphabetischen Schrift, genau den Schrecken aus: die Unterdrückung der Subjektivität, die in den Vokalen (im Singen) sich ausdrückt. Die Konsonantenschrift ist die Schrift des „Schreckens um und um“, die Schrift im Angesicht (Gottes, des Feindes), die „hebräische“ Schrift (Verbot der Vokalisierung des Gottesnamens!). Erst mit der Einbeziehung der Vokale geht Subjektivität in die Schrift mit ein: so wird sie zum Medium des (griechischen) Mythos, des Schicksalsbegriffs, der Philosophie, schließlich der christlichen Theologie, des Dogmas, des Bekenntnisses.
Zur Geschichte und zum Begriff des Opfers: Im „Weltbild“ der Physik steckt das entfremdete Subjekt (Inbegriff des anderen) als Erbe aller Opfer mit drin. Die „tote Natur“ ist Produkt eines Objektivationsprozesses, dessen Ursprünge in der Geschichte der Idolatrie und des Opfers (Menschenopfers) liegen (vgl. Abraham, Melchisedek, Opferung Isaaks; Königtum und Menschenopfer; König, Gesalbter/Messias, Kreuzestod; Sakramente). Der Säkularisationsprozeß hat das Opfer nur unsichtbar gemacht, nicht aufgehoben.


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