02.03.92

Die historische (altorientalische) wie auch die geologische (vor- bzw. naturgeschichtliche) Chronologie scheinen beide dem Wunsch sich zu verdanken, die dramatischen, wenn nicht katastrophischen Elemente in der Vor- wie in der Naturgeschichte nicht wahrnehmen zu müssen. Die Dehnung der Zeiten verharmlost sie zugleich, gleicht die dynastisch und nach dem Paradigma des späten Nationalismus konzipierten Reichsgeschichten den darwinistischen Zeiträumen der Erd- und Lebensgeschichte an und entstellt beide zur Unkenntlichkeit. Beide partizipieren an der projektiven Sicht, die dem Wunsch der zivilisierten Welt sich verdankt, den vulkanischen Untergrund der nur mit Gewalt befriedeten Verhältnisse zu verdrängen, während es die gleichen objektiven und realen Verdrängungsmechanismen sind, die heute zugleich als Katastrophenbeschleuniger wirksam sind. Keiner wagt hinzusehen, was im letzten Jahrhundert in Bewegung geraten ist, und mit welcher Beschleunigung und in welche Richtung dieser Apparat sich bewegt. Unvermeidbar ist dieses Wegsehen aufgrund des Schuld- und Verblendungszusammenhangs, der den Apparat gegen sein Wahrgenommenwerden schützt. Grund ist der dem Schuld- und Verblendungszusammenhang zugrundeliegende Herrschaftszusammenhang, der das Subjekt in den eigenen blinden Fleck gerückt hat (die Erkenntnis des Guten und Bösen, das Bekenntnissyndrom oder die Gewalt der subjektiven Form der äußeren Anschauung).
Wer hat wann die Chronologie der Erdgeschichte „entdeckt“, und mit welchen Gründen wurde ihr wissenschaftlicher Erfolg begründet?
Unsere Theologen scheinen keinen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, wenn sie die Theologie als Schauspiel beschreiben, in dem wir gleichzeitig Schauspieler und Akteure sind.
Jesus werden seine Feinde als Schemel unter die Füße gelegt; Gott selbst aber hat die Erde als Schemel seiner Füße (Ps 1101 und Jes 661).
Hängt das Wort „Ich bin der Weg“ mit dem Namen der Hebräer zusammen? (Vgl. hierzu die Bemerkung zu Apg 92 in der Neuen Jerusalemer Bibel.)
Das Angesicht und der Name enthalten den Schlüssel zur Sprachphilosophie.
Sadok ist der Gerechte, Dan respräsentiert das Recht. So wird der Gerechte vom Richter unterschieden.
Sind die Wasser oberhalb des Firmaments schon durch die Sintflut abgegolten, so daß vom haschamajim nur noch das Feuer bleibt?
Wittgensteins Satz „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ verweist auch darauf, daß in der Welt das Angesicht bedeutungslos ist. Hierbei ist der Fall das unter den Allgemeinbegriff Subsumierbare, das, was unter einen Allgemeinbegriff „fällt“. Daraus folgt, daß die Welt der Inbegriff aller objektiven Urteile, aller begründeten Prädikate ist. Oder anders: Die Begriffe Welt und Natur gehören zum transzendentalen Apparat, zur Organisation der transzendentalen Logik.


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