07.03.92

Wird mit der Verdrängung der Schöpfungsgeschichte nicht der apokalyptische Hintergrund der Schöpfungsgeschichte verdrängt?
Der Raum ist Ausdruck des Lachens und der Klage zugleich, die Einheit beider: der ungezielten, objektlosen Anklage und des verzweifelt-höhnischen Lachens über die Dinge.
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet: Der erste Teil des Satzes bezeichnet den Ursprung der Welt, der zweite Teil die Bedeutung der Welt für das in ihrem Begriff Befaßte.
Hängt der „Anfang“ in Gen 11 und Joh 11 mit den archä der Philosophie zusammen?
Rechts und Links nicht unterscheiden können: verweist das auf eine Zone der Indifferenz, die sowohl jenseits als auch diesseits des Guten und Bösen liegen kann? Nietzsches „Jenseits von Gut und Böse“ klingt daran an (ähnlich wie die „Umwertung der Werte“ an die Umkehr).
Sprache und Umkehr (Urteilsform und Umkehr): das Objekt ist das angeschaute Objekt, das Prädikat das Urteil hinter seinem Rücken (das „synthetische Urteil a priori“ Kants). Die Logik oder das Verhältnis von Begriff, Urteil und Schluß hängt mit räumlichen Beziehungen zusammen und ist nur verständlich, wenn man die Beziehung des Raumes zur Umkehr mitdenkt (Bedeutung für den Begriff und das Verfahren der Definition). Aber es ist der Raum als die subjektive Form der äußeren Anschauung, der die Sprache von ihrer Wurzel, vom Namen und von ihrer benennenden Kraft abschneidet, sie ihrer argumentierenden, begründenden Kraft beraubt; wiedergewinnen läßt sich die Sprache nur im Kontext der Umkehr.
Rosenzweigs Wort, die Sprache sei die Morgengabe des Schöpfers an die Schöpfung, wäre genauer zu bestimmen: Vgl. hierzu die Gleichnisse Jesu über die Talente, die der Herr den Verwaltern anvertraut hat; man darf sie nicht vergraben.
Könnte es sein, daß im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit auf eine noch aufzuklärende Weise auch die Beziehung des Raumes zur Sprache sich ausdrückt?
Im Innen-Außen-Paradigma (das der Beziehung der Logik zum Raum zugrundeliegt) wird das Innere vom Äußeren wieder eingefangen; und das ist wahr und unwahr zugleich.
Sind die sieben Middoth die sieben Namen der Barmherzigkeit, christlich gesprochen die sieben Werke der Barmherzigkeit? Vergleiche die Matthäus-Stelle mit der Exodus-Stelle.
Links und Rechts nicht unterscheiden können: das ist die Situation des „Proletariers“: er lebt von der gleichen Institution, die ihn zugleich zum Objekt macht, ihn „verurteilt“. Er kann die lebenserhaltende von der vernichtenden Potenz nicht mehr unterscheiden. Aber wer ist heute im strengen Wortsinn kein Proletarier (und welcher Proletarier ist nicht bestochen, korrumpiert)? Der Inbegriff der Ununterscheidbarkeit von Rechts und Links ist das Geld; und „niemand kann Gott und dem Mammon zugleich dienen“. Hier wird Rechts und Links wie im neutralisierten Raum gleichnamig gemacht.
Kann es sein, daß das „und soviel Vieh“ nicht nur auf die Anzahl, sondern auch auf die Größe: ein so großes Vieh (Behemoth), sich bezieht?
Das Gesicht drückt die produktive Indifferenz von aktivem und passivem Sehen und Hören aus. Vgl. dazu die ähnlichen Wortbildungen wie Gedicht, Gewicht, Gericht, oder das Neutrum Gesicht und das Femininum Geschichte. Beachte überhaupt die Reimworte wie gut, Wut, Hut oder auch so banale wie Herz und Schmerz (Zorn, Dorn, Korn, Born, Horn). Welche Bedeutung hatte der Reim in der Sprachgeschichte (im Anfang der Moderne)? Der Reim lebt auf andere Weise von der (wie das Bekenntnis gemeinschaftsstiftenden) Bedeutung der Vokale als von der der Konsonanzen, die im Reim die eigentlichen Bedeutungsträger sind.
Das Allgemeine ist die gemeinsame Einsamkeit aller, die unversöhnte gemeinsame Einsamkeit aller.
Läßt sich die Geschichte mit dem einen unreinen Geist und den sieben unreinen Geistern (auch die Geschichte mit Maria Magdalena) auf Hegel beziehen? Die einmalige Vergebung ist nur die scheinhafte Selbstexkulpation; die Versöhnung beruht auf der siebenmal siebzigmaligen Vergebung. Hier liegt der Grund der Adornoschen Kritik des Identitätsprinzips (als des Prinzips der Selbstexkulpation, des Ursprungs des philosophischen Subjekts, der philosophischen Emanzipation vom Mythos).
Die Austreibung des einen unreinen Geistes ist das Prinzip der Überwindung des Mythos durch die Philosophie, die Austreibung der sieben unreinen Geister: das wäre die Austreibung des Mythos durch Umkehr.
Das Identitätsprinzip fundiert und stabilisiert die der Welt, deren Herrschaft durch die herrschaftskritische Übernahme der Sünde der Welt aufzulösen wäre.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie