Die Welt ist alles, was der Fall ist: Das Urteil wird gefällt, und das Objekt fällt unter den Begriff.
Gibt es einen etymologischen Zusammenhang zwischen dem Possessivpronomen 3. Person Singular und dem „Sein“ (wie zwischen dem „Mein“, der Meinung, der Gemeinheit und dem Allgemeinen)? Ist das nicht Hintergrund der Begriffe Welt und Wissen (in beiden ist das Mein der Anderen: das Sein, als Seins- und Begriffsgrund mit enthalten) sowie Grundlage des Naturbegriffs?
Ist der deutsche Artikel gebildet aus den Personalpronomina 3. Person Singular in Verbindung dem der 2. Person: Der = Du-er, Die = Du-sie, Das = Du-es?
Das Symbolum enthielt noch die Erinnerung an die Trennung der Wasser oberhalb und unterhalb des Firmaments. Im Bekenntnis wird diese Trennung verdrängt und vergessen, setzt sich die Subjektivität durch, die so überhaupt erst sich bildet, indem sie versucht, Herr über ihren Teil des Symbolums zu werden (Änderung des Sakramentsbegriffs). Im Bekenntnis wird das Subjekt Herr und Nutznießer des Opfers, verdrängt es die Gottesfurcht.
Wenn sich im Wort vom Binden und Lösen das Lösen auf das „er weinte bitterlich“ bezieht, bezieht sich dann nicht das Binden auf die Geschichte der drei Leugnungen? Ist das Verfahren des Hahns (sein Krähen) in der Regel der correctio fraterna beschrieben (und sein Versagen vorausgesagt)?
Hängt die Feste des Himmels, die die Wasser oberhalb von denen unterhalb trennt, mit dem Ich zusammen? Sind die subjektiven Formen der Anschauung gleichsam der subjektive Rest dieses Zusammenhangs, seine Spur im Ich? Und ist der Regenbogen nach der Sintflut der gegenständliche Repräsentant eines Ich, das sich durchs Fleischfressen (durch den Schrecken der Tiere) und durch Einbindung in hierarchische und durch Gewalt geprägte Gesellschaftsstrukturen bestimmt?
Durch den Objektbegriff wurde die Vernunft in Isolationshaft gesetzt (transzendentale Ästhetik und Logik). Die Hegelsche Philosophie (Konsequenz hieraus) beschreibt aufs genaueste dieses Gefängnis, zu dem die Welt das Urteil spricht. Hierbei ist jedoch daran zu erinnern, daß ein Häftling die genaueste Kenntnis seines Gefängnisses beim Ausbruchsversuch erwirbt.
Liegt nicht die Ambivalenz des messianischen Anspruchs Jesu in dem Wort „Ich bin’s“?
Wenn die Feste des Himmels mit dem Ich zusammenhängt, haben dann die paulinischen Archonten etwas mit den sieben unreinen Geistern zu tun?
Gehört die Trennung von Turm und König zu den Bedingungen des Ursprungs der Schrift und insofern zu den Ursachen der Verwirrung der Sprache?
Die Sünde der Welt auf sich nehmen heißt begreifen, daß ich Anteil an der Auferstehung nur gewinnen kann durch die Hoffnung, die ich nur für andere hegen darf, hindurch. Und nur für andere, das heißt auch: für die Toten.
Das Faktum des Todes hängt mit dem Faktum des Weltbegriffs, d.h. mit der Entfremdung des Denkens und des Dings, mit dem Begriff, der die Dinge von allen hinter ihrem Rücken begreift: mit der Vollendung der verinnerlichten Schicksalsidee im Prozeß der Aufklärung selber, zusammen. Wer die Partei der Welt ergreift, sich dem Gebot der Übernahme der Sünde der Welt entzieht, ergreift die Partei des Todes (vgl. Heideggers „Vorlaufen in den Tod“).
Ist das Sumerische die Wasserscheide, die die indogermanischen Sprachen von den semitischen trennt (Turmbau zu Babel)?
Problem des Sanskrit: Mit welchen gesellschaftlichen und religiösen Institutionen hängt diese Sprache zusammen? (Vgl. Rosenzweigs Konstruktion der indischen Abstraktionsgestalt des Mythos.)
Das Produkt der Universalisierung der Welt ist die transzendentale Logik, die als Sprengung jeglicher Gestalt auch die griechische Kosmosidee sprengt (und zugleich das Außen-Innen-Paradigma begründet). Die Spenglersche Idee, daß die Stelle, die im griechischen Bereich die Götter- (und Heroen-)Statue einnimmt, in der modernen Welt durch die Musik besetzt ist, verweist genau auf diesen Zusammenhang.
Drei Konsequenzen aus dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit:
– die objektive Präsenz des sinnlichen Objekts im Licht,
– die Richtungsabhängigkeit des Zeitmaßes und vor allem:
– die Einheit der Zeit, die Konzeption des Raumes als Form der Gleichzeitigkeit, erweist sich als der Schock, der den Dingen erteilt wird und sie zu physikalischen Objekten überhaupt erst macht. Dieser Schock gründet in der mathematisch bedingten Trennung von Raum und Zeit, in der Konstituierung der Vorstellung einer homogenen Zeit.
Wer den Witz erzählt, darf selbst nicht lachen (das gehört mit zur Technik des Unterlaufens der Geistesgegenwart, das die Wirkung des Witzes überhaupt erst ermöglicht); aber alle, die dann lachen, machen sich mit dem Witzeerzähler gegen das Objekt des Witzes gemein. Es sei denn, man lacht nicht mit und versucht (geistesgegenwärtig), den Trick zu durchschauen (der in der Verletzung des Gebots der Übernahme der Sünde der Welt liegt). Aber heißt das nicht auch, daß bisher die Christen mit der Konstruktion der Opfertheologie nur mitgelacht haben über das Opfer, anstatt Gethsemane zu begreifen? Das Christentum heute ist das zwangshaft schallende Gelächter, das das Wort Gottes übertönt. (Unterscheidet sich der jüdische Witz vom christlichen nicht durch das verzweifelte Bemühen, den Christen endlich die Technik des Witzes, den Trick, klarzumachen, indem es die Partei der Opfer ergreift? Hier ist der Erzähler selber zugleich das Objekt.)
Im Witz ersetzt die Pointe den Beweis. Wo liegt die Pointe der Naturwissenschaften? Wer sie findet, kennt den Grund aller Pointen.
07.09.92
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