Männern das Weinen verbieten heißt: sie hart wie Stein machen: wie Petrus (der erst nach der dritten Leugnung weint).
Mußte die Kirche erst zum steinernen Herz der Welt werden, ehe sie zum fleischernen werden kann? Das steinerne Herz durch ein fleischernes ersetzen: Johannes XXIII war der erste Versuch.
Hängen das Millenarium, die Bindung des Satans für tausend Jahre, die Geschichte der Bindung (auf Erden wie im Himmel) und die als steinernes Herz der Welt realexistierende Kirche zusammen? Das könnte den anderen Zusammenhang von Weinen und Lösen (auf Erden wie im Himmel) verständlicher machen.
Ulrich Sonnemanns Satz „Zukunft ist von außen wiederkehrende Erinnerung; daher hat die Gedächtnislosigkeit keine“ ist eine Variante des vierten Gebots.
Der Weltbegriff (Korrelat der Vorstellung des unendlichen Raumes) neutralisiert das Generationenverhältnis (die konkrete Erinnerung). Und das drückt sich in der Trinitätslehre aus. Der Ödipuskomplex: die Tötung des Vaters und die Heirat der Mutter, bezeichnet genau eine der wesentlichen Bedingungen des Ursprungs des Weltbegriffs (Freuds Mythos); der Weltbegriff verletzt das vierte Gebot. Und das falsche Bewußtsein davon ist die christliche Sexualmoral.
Wenn Hegel die Notwendigkeit einer genealogischen Ableitung des Monarchen logisch deduziert, so ist das ebenso wenig grundlos wie der unauflösliche Zusammenhang des Weltbegriffs mit dem Nationalismus und mit hierarchischen Machtstrukturen (der Begriff der verwalteten Welt ist ein Pleonasmus: es gibt keine andere als die verwaltete Welt, denn die Beziehung der Verwaltung zu ihren Objekten entspricht genau der des Begriffs, beide sind Verkörperungen hierarchischer Strukturen und von Gewalt, fleischfressende Wesen). Die Welt ist die falsche Lösung des Generationenkonflikts, die Zerstörung der Wahrheit aufgrund der falschen Versöhnung durch den unmöglichen Konsens: Ursprung und Produkt des Scheins wie der Gewalt. Was hat es überhaupt mit der Fortpflanzung auf sich; ist sie nicht mehr als nur ein biologisches Ereignis? Wie hängt das Gattungsverhältnis mit der benennenden Kraft der Sprache Adams zusammen (die ebenfalls durch die Welt zum Begriff neutralisiert, depotenziert wird)?
Auf die einzige wirkliche Alternative führt die Frage nach der prima philosophia: Die Entscheidung zwischen Ontologie und Ethik ist eine Entscheidung ums Ganze. Theologisch begründbar ist allein die Ethik (allerdings nur durch die Kritik des Weltbegriffs hindurch), während die Ontologie einzig mit einer instrumentalisierten (objektivierenden, verdinglichenden) Theologie zusammengeht. Die Ontologie macht auch Gott zum Gegenstand der Naturbeherrschung: sie ist ohne magische Komponente nicht denkbar.
Gehört zum Problem der Genealogie nicht auch die Geschichte von Simson und Dalilah (das Verhältnis von Tag und Nacht).
Unser Weltverständnis wird von den Bedingungen und von der Form unserer Auseinandersetzung mit unseren Eltern bestimmt (die im Kontext des Weltbegriffs nur als ein Prozeß im Innern: als Objekt der Psychologie sich fassen läßt).
12.10.92
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