Die subjektiven Formen der Anschauung (Raum und Zeit, aber auch das Geld und das Bekenntnis) sind ein Reflex des Gewaltmonopols des Staates. Die Grenze, die den Herrn von den Beherrschten trennt, ist eine Todesgrenze. Der Bann bezeichnet genau diese Todesgrenze. Das Recht zu töten bleibt der Natur und dem Staat vorbehalten, während Gott die Toten auferweckt. Stehen wir nicht unter dem Bann der subjektiven Formen der Anschauung, sind wir nicht allesamt Kaninchen vor der Schlange?
Das Zeichen des Jona: Bezieht sich dieses Wort nicht doch auf den letzten Satz des Buches Jona, und ist nicht die Nicht-Zerstörung von Ninive die Katstrophe? Aber hat Gott nicht hier den Grund seines Zuwartens (nicht seiner Barmherzigkeit) benannt? Hierauf antwortet erst wieder das Buch Tobit. Aber was hat es dann mit der „Buße“ des Königs, der Menschen und des Viehs auf sich?
Im Kontext des Begriffs ist die Beziehung der Sprache zum Wesen durch den Schein vermittelt, während die benennende Kraft der Sprache sich erst durch die Kritik des Scheins hindurch erschließt.
„Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.“ (Spruch an der Mauer der Startbahn West des Frankfurter Flughafens)
Die Deutschen: ein Volk ohne Gottesfurcht. Das ist der Grund der deutschen Staatsmetaphysik, und deshalb hat das Gewaltmonopol des Staates nur hier diese überschießende Bedeutung.
Nicht: Mach unser Herz von Sünden rein, sondern: Ersetze unser steinernes Herz durch fleischernes.
Zum Paradigma des Angesichts: An dem Beispiel mit dem Kind in der Familie läßt sich noch mehr verdeutlichen. Steckt in dem Reden über das Kind (hinter seinem Rücken) nicht bereits die ganze Welt? Ist nicht die Welt das Erbe, dessen Last wir den Kindern aufbürden?
Das Gefährliche an der Politik heute, das, was man ihre Abgehobenheit und die Arroganz der Macht nennt („Solidarpakt“ oder die „Sozialverträglichkeit“ der Kürzung der Sozialhilfe), ist begründet in dem Bündnis von Sprache und Macht, das den Machtlosen, den Objekten der Politik die Sprache raubt: diese finden in der Sprache der Politik ihre eigenen Erfahrungen nicht wieder, sie bleiben stumm und unmündig. Für sie ist der Sprache der Politik nur noch die Sprache der Gewalt.
Hat nicht die Rezeption des Weltbegriffs in der Theologie und das dem zugrundeliegende Bündnis der Kirche mit der Macht die Kirche in den Wiederholungszwang versetzt: den Logos seitdem immer wieder kreuzigen zu müssen. Für die Kirche ist Jesus zu einem geworden, der nicht wußte, was er sagte; aus ihrem Besserwissen hat sie die Theologie gemacht. Was ist das Dogma anderes als das entleerte Wort: auch das dann gereinigte und geschmückte Wort.
Wer wählt, gibt seine Stimme ab.
Ist das Allgemeine die Gemeinheit aller?
Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde. Aber nachdem der Kosmos endgültig vom Himmel gereinigt worden ist, ist der Himmel uns auf eine ganz andere Weise zum Greifen nahe gerückt. Hierauf bezieht sich das Wort vom Lösen.
Zum Schamanentum: Kann es nicht sein, daß in den Opfern und Riten der Religionen und in den sie begleitenden Anschauungen Aufschluß zu finden ist nicht nur über ihren eigenen Sozialcharakter, über ihre Stelle im historischen Prozeß, sondern auch über die Gründe der Welt?
Hat der Brief an die Philipper nur etwas mit der Stadt Philippi zu tun, oder auch etwas mit den Anhängern des Philippus (der den äthiopischen Eunuchen bekehrte und dann mit seinen vier prophetischen Töchten in Antiochia lebte)? Und ist Timotheus nicht einfach der Gottesfürchtige?
06.03.93
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