Zum Titel Staatsanwalt: Als „öffentlicher Ankläger“ wäre der Staatsanwalt für sich und nach außen für sein Handeln (Ermittlung und Beweiserhebung) verantwortlich, müßte er die Anklage als Person vertreten, als Staatsanwalt ist er Anwalt des Staates, nur dem Staat, der ihm die Schuld der Anklage und die Last des Subjektseins, der persönlichen Verantwortung abnimmt, verpflichtet. Nicht er ermittelt mehr, sondern durch ihn hindurch der Staat. Dem entspricht mittlerweile deutsche Verwaltungspraxis generell: Das Ich eines Referenten in einem deutschen Ministerium ist nicht der Referent selbst, sondern der Minister.
Am ersten Tag hat Gott das Licht und nicht das elektromagnetische Feld und den Korpuskel-Welle-Dualismus erschaffen.
Grund jeglicher Scham ist das Sich im Anblick der Anderen Wahrnehmen. Ihr Kernsatz ist der Satz aus der hegelschen Logik: Das Eine ist das Andere des Andern. Das Substrat der Scham ist der objektive Grund der Reflexionsbegriffe, deren Geltung ist die Grundlage der Scham: Die Form des Raumes ist das objektivierte Gesetz der Scham (ein Produkt der Verdinglichung und Instrumentalisierung der Scham).
Steckt nicht in den drei Begriffen Umkehr, Gottesfurcht und Nachfolge – und zwar genau in dieser Reihenfolge – die ganze Trinitätslehre?
Die Trennung des Symbolischen vom Realen (z.B. in dem augustinischen „ad litteram“) ist der Grund der Trennung des Bekenntnisbegriffs von dem der Erkenntnis.
Das Instrument, gleichsam das Schwert, das den Knoten durchschlägt anstatt ihn aufzulösen, ist der Weltbegriff (und dieser das „kreisende Flammenschwert“ des Cherubs, der den Eingang des Paradieses bewacht). Der Weltbegriff schneidet die Sprache von ihrer metaphorischen Wurzel ab, er zerstört die benennende Kraft der Sprache, er ist der Grund des Nominalismus. Auf diesen Bereich, auf das Konzept der kritischen Auflösung des Weltbegriffs, bezieht sich das der Erinnerungsarbeit zugrunde liegende Erkenntnisprogramm, Anwendung des Prinzips „nichts Vergangenes ist nur vergangen“, und das Wort vom Lösen.
Das Wissen bezieht sich auf den Primat der Vergangenheit: Gewußt wird nur das Vergangene (und das Zukünftige nur, soweit es unter die Vergangenheit sich subsumieren läßt); der Glaube unterliegt dem Primat der Zukunft: er bezeichnet real sowohl die Treue zu den göttlichen Verheißungen als auch das homologein, die Nachfolge, die Umkehr und die Gottesfurcht (und nicht das Bekenntnis, das sich der Subsumtion des Glaubens unter das Gesetz des Wissens: unter die Form der Vergangenheit verdankt, und in dieser historischen Folge die Umkehr, die Gottesfurcht und die Nachfolge leugnet).
Zur Ermittlung dessen, was mit den Sumerern bezeichnet wird, den Namen der Chaldäer auflisten.
Gehört es nicht zu den verhängnisvollen Wirkungen der paulinischen Theologie, daß sie das prophetische Element im Gesetz unkenntlich gemacht hat?
Symbol und Allegorie: Die Allegorie ist in der Auseinandersetzung mit der heidnischen Götterwelt entsprungen, sie ist selber dadurch der Remythisierung verfallen: die urallegorische Gestalt ist in der Tat der Teufel. Und durch die Allegorie wurde das Symbol selber verhext. Waren nicht die von der Allegorie beherrschten Zeitalter immer auch Zeitalter der Verfinsterung des Symbols zur Orthodoxie? Das Symbolon lebt vom Bewußtseins des Bruchs, und wichtig sind die Bruchstellen: an ihnen wird sich die Wahrheit des Symbols erweisen. Als symbolische Gestalt der Wahrheit ist das Symbolon eben kein „Bekenntnis“; dazu wird es erst als Dogma im Kontext der Orthodoxie.
Nochmal zur Unterscheidung von Symbol und Allegorie: Die Allegorie ist eine Folge der Hellenisierung der Theologie, der philosophischen Logos-Spekulationen; sie ist an den Begriff gebunden. Das Symbol hingegen bezieht sich auf die Rückbeziehung des Logos zum Namen, seine Befreiung aus der Verstrickung in den Begriff; seinen Grund, seine Wurzel hat das Symbol in der benennenden Kraft der Sprache. – Aber was hat es dann mit der idealistischen Symboltheorie auf sich?
02.07.93
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