28.11.93

Was bedeutet das Täuferwort: „Schon ist die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt“ (Mt 310, Lk 39, beidemale nach dem Wort, daß Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken kann); auf welche Bäume bezieht es sich: Ölbaum, Feigenbaum, Weinstock, Dornstrauch, Baum der Erkenntnis?
Jenseits des Todes heißt nicht nach dem Tod. Jenseits des Todes ist die Liebe, die stark ist wie der Tod. Und jenseits des Todes (aber nicht nach dem Tod) ist das Himmelreich, das Reich Gottes, das etwas durchaus Diesseitiges ist.
Ist der Einsatzpunkt zur Kritik des Weltbegriffs nicht das Motiv aus der Dialektik der Aufklärung über die wechselseitige Verschränkung von Mythos und Aufklärung, die anhand der Beziehung zu den Fremden im Namen der Barbaren und der Hebräer und im Kontext der Geschichte des Ursprungs des Weltbegriffs (und der Begriffe Natur und Materie) sich bestimmen läßt?
Ist die hebräische Schrift nicht auch in dem Sinne eine hebräische, daß sie das Moment der Fremdheit in sich enthält? Wurde die Schrift nicht von den Phöniziern, den Kanaanäern: von „welterfahrenen“ Seefahrern und Händlern, übernommen?
Sind nicht die Werke der Barmherzigkeit und die evangelischen Räte unwiderlegbare Einsprüche gegen die Philosophie?
Das Absolute ist nicht Gott, so wie das Weltgericht nicht das Jüngste Gericht ist. Das Absolute ist der Taumelkelch, auf den die Bitte Jesus in Getsemane sich bezieht, er möge an ihm vorübergehen.
In Mt 16, an einer zentralen Stelle, wird neben Elias auch Jeremias von den Jüngern benannt als einer, für den die Menschen ihn (Jesus) halten. Bezieht sich das nicht auf
– das Verhältnis Babylon/Rom,
– das Gotteswort an Jeremias: Bete nicht mehr für dieses Volk,
– das Wort vom „Grauen um und um“ und auf
– das Wort an das Volk: Betet für das Wohl der Stadt?
Das „Grauen um und um“: Ist das nicht die Innenerfahrung des Taumelkelchs, des Absoluten?
Der kostbare Begriff bei Leonhard Ragaz vom „heiligen Materialismus“.
Diese Welt ist nicht durch den Kreuzestod entsühnt, sondern durch die Übernahme der Sünde der Welt ist nur der Bann gebrochen, in dessen Konsequenz der Kreuzestod als immer noch gültiges Realsymbol der unversöhnten Welt liegt. Die Opfertheologie garantiert als Ideologie einer „entsühnten Welt“ den Fortbestand der unversöhnten Welt.
Das Tier, die Welt und die benennende Kraft der Sprache (Adam hat nur die Tiere benannt): Die Entsühnung der Welt macht den Menschen zum Tier, die Menschwerdung beginnt mit der Übernahme der Sünde der Welt. Das Absolute ist der Behemoth: die Selbstzerstörung der benennenden Kraft der Sprache (der Taumelkelch).
Erst dem spätkapitalistischen Blick verwandeln sich die vergangenen Religionen in Religionen (in ihr Anderssein): in Bekenntnissysteme mit zugehörigen Vorstellungsmassen. Da diese Vorstellungsmassen sich als beziehungslos zu unseren Erfahrungen erweisen, halten wir die vergangene Menschheit für dumm (und werden unfähig, die Erfahrungen und ihre Verarbeitung, die in diesen Vorstellungsmassen enthalten sind, und damit die Genesis unserer eigenen Gestalt der Erfahrung zu begreifen: machen wir uns selber dumm).
Zum Begriff des Lösens: Probleme und Fesseln werden gelöst. Sind Probleme Fesseln (oder werden erst Problemlösungen zu Fesseln)?
Das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht ist ein strenges Gericht.
Verweist das apokalyptische Bild, wonach am Ende der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, nicht auch auf den Zusammenhang des Ursprungs der Schrift mit den Anfängen der Astronomie (und hat die kopernikanische Wendung und ihre dynamische Begründung durch die Gravitationstheorie diese Schrift ins Buch zurückgestaut)?
Ist die hebräische Schrift nicht notwendig eine Konsonantenschrift, und sind die Konsonanten in der Schrift nicht das Äquivalent der Statuen in den Tempeln (und wie diese Denkmale von Opfern)? Die Vokale haben sich erst mit dem Gesang in der Sprache entfaltet.
Wenn das Recht die staatlich-nationale Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern ist (und der Grundbegriff jeden Rechts der des Eigentums ist), was bedeutet dann das Kirchenrecht?
– Deduktion seiner Form und seiner Inhalte;
– Zusammenhang mit dem Bekenntnisbegriff (durch den der Gläubige zum Eigentum der Kirche wird);
– Funktion der Sexualmoral (Verweltlichung der Kirche durch Ausblendung der Welt und Privatisierung der Moral: das versteinerte Herz).


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