Im Tabu erweist sich das Lachen als magische Gewalt. Über die Bekenntnislogik ist diese magische Gewalt ins Christentum wieder eingedrungen. Die Bekenntnislogik ist eine in die Sphäre des Begriffs transponierte Namensmagie. Die Heiligung des Gottesnamens löscht die Spuren des Lachens (die Reste der Magie) im Namen. Zur Idee des Absoluten: Ist nicht der Begriff ein erstarrtes, abgestorbenes Gelächter (und das Feuer die Innenseite des Wassers)? Heute sind die Nächte zwischen den Tagen der Schöpfung wichtiger geworden als die Schöpfungstage selber. Die Art, wie unsere Theologen heute mit dem Gottesnamen, dem Tetragrammaton, umgehen (die historische Vergegenständlichung des Namens, die ihn aussprechbar macht, weil sie uns aus seiner Gegenwart entfernt hält), hängt mit dem Ursprung und mit der Geschichte der Hysterie zusammen. Zum Ursprung der Eucharistie-Verehrung (der devotio moderna): Die Gläubigen wollten die Last der Heiligung des Gottesnamens endlich loswerden und auch ein Ding haben, das sie anbeten konnten. Von Hegels Absolutem ist nur die Hybris übriggeblieben. Das Verhältnis der Namenslogik zur Logik des Begriffs läßt sich demonstrieren am Verhältnis des Namens der Hebräer zu dem der Barbaren, oder auch am Verhältnis des Begriffs der Barmherzigkeit zu dem der Hysterie. Die Wissenschaftsgeschichte nach Kant ist nur verständlich, wenn man begreift, daß die kantische Wissenschaftskritik in ihrem Kern, in der Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung, bis heute nicht rezipiert worden ist. Verstanden wurde, daß es zu den subjektiven Formen der Anschauung keine Alternative gibt, und das wurde als Rechtfertigung akzeptiert, von den Formen der Anschauung schamlos Gebrauch zu machen, so als handele es sich um objektive Gegebenheiten. Sind nicht die Formen der Anschauung insgeheim Formen des von einer namenlosen Macht Angeschautwerdens (der verinnerlichten, ausweglosen Scham)? Das drückt sich aus in dem logischen Zwang, dem die Raumvorstellung (die keine ist, weil sie ihren inneren Widersprüchen nicht standhält) sich verdankt: dem Wiederholungszwang ihrer Selbsterzeugung und Selbstfortpflanzung (Beziehung der Raumvorstellung zur Bekenntnislogik, zur Sexualität und zum Keuschheitsgebot). Sind nicht die Heldenfriedhöfe Denkmäler der Leugnung der Auferstehung, und liegt die Schändung jüdischer Friedhöfe nicht in der genauen Konsequenz ihrer Logik? Heldenfriedhöfe sind die Mausoleen der vergesellschafteten Herrschaft.
12.7.1994
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