5.8.1994

Mythos und Aufklärung gehorchen beide der Logik der Schrift. Ist nicht das Relativitätsprinzip das Wasser, das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit das Feuer (und die „spezielle Relativitätstheorie“ Einsteins haschamajim)? Die Welt ist alles, was der Fall ist: Ist das nicht gleichbedeutend mit dem Satz: Die Welt ist alles, was in synthetischen Urteilen apriori sich fassen läßt? Alles, was der Fall ist, das ist der Inbegriff aller intentionalen Erkenntnisse, aller der intentio recta gegebenen Erkenntnisse: der Inbegriff aller Erscheinungen. Die Herrschaftsgeschichte ist die Geschichte der fortschreitenden Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit; so treibt sich die Herrschaftsgeschichte selber immer tiefer in die Vergangenheit hinein: bis zur Sünde Adams; so wird sie zur Geschichte der Erbsünde. Wird mit der Reflexion dieser Geschichte heute vielleicht zum erstenmal Joh 129 verständlich? Das Subjekt der Psalmen ist nicht das private Subjekt, sondern das messianische (David). Gilt das nicht auch für die Prophetie? Seit die Kirche durch das Erfüllungs-Konstrukt (durch das Theologumenon, die Prophetie habe sich in Jesus erfüllt) sich gegen die prophetische Erfahrung abgeschirmt, immunisiert hat, hat sie den Anspruch aufgegeben, Israel zu sein, hat sie durch ihren Antijudaismus die Juden an ihre eigene prophetische Tradition gefesselt. Die Bekenntnislogik ist (wie der Weltbegriff und auf der Grundlage seiner logischen Prämissen) ein Abkömmling der Logik der Schrift. Sind nicht Religionskriege (Bekenntniskriege) Stammeskriege unter den Bedingungen der Zivilisation (der Logik der Schrift)? Hat das Problem der Organtransplantationen nicht auch einen hochgradig symbolischen Aspekt? Zur Kritik der Gewalt: Die Kugel ist kein Argument. Paßt nicht das Gewaltmonopol des Staates zur Kollektivscham wie die Faust aufs Auge? Beide sind durch das auf der Schuldreflexion lastende Denkverbot mit einander verbunden.


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