4.9.1994

Das Haus des Seins, oder der pharaonische Aspekt der Ontologie.
Hat das Tier aus dem Meer etwas mit der Entnationalisierung der Ökonomie (insbesondere auch des Banken- und Finanzwesens) zu tun?
Hinweis hierzu: Wenn das Eigentum zu den Organisationsgrundlagen des Staates gehört, d.h. wenn es nur national sich definieren läßt (deshalb sind die Fragen der Staatsbürgerschaft und der Währungshoheit so wichtig), und wenn außer- und zwischenstaatliche Verhältnisse nach Hegel Naturverhältnisse sind, was bedeutet das dann für die Logik der Entnationalisierung der Ökonomie: für die „vagabundierenden“ Verschuldungs- und Verarmungsprozesse, die den Realitätskern des „vagabundierenden Geldes“ ausmachen? Steckt hier nicht ein Hinweis auf den Ursprung der Nomaden (auf den Zusammenhang ihrer Entstehung mit gesellschaftlichen Naturkatastrophen)? Und liegt hier nicht der eigentliche Grund für die Notwendigkeit der Reflexion des Weltbegriffs (mit dem der Staat, der heute chaotisiert wird, immer schon mit gedacht wird)?
Ist nicht die Beziehung von Handel und Kredit in ihrem Ursprung durch den Fernhandel vermittelt (in dem Finanzierungssystem des antiken Seehandels), und liegt hier nicht der Ursprung des apokalyptischen Symbols vom Tier aus dem Meer (vgl. die Könige, die Kaufleute und die Schiffsführer in der Johannes-Apokalypse)?
Ding und Sache: Hat die begriffliche Trennung ihre Vorgeschichte in einer nationalen: in der sprachlogischen Differenz zwischen dem griechischen chräma (Ding, Geld) und der römischen res (Sache)?
Heute gewinnt Hegels Satz, daß die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, um der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern, erstmals globale Bedeutung.
Ist nicht die in der Jona-Geschichte angedeutete innere Differenzierung der „Buße“ (der Umkehr), die in der Logik ihrer Durchführung sich anzeigt, wichtig: Sie beginnt mit der Buße des Volkes, von dem sie ausgeht; die Kunde davon dringt bis vor den König von Ninive, der sie dann zu seiner Sache macht, indem er selber Buße tut und zugleich das Volk und das Vieh zur Buße aufruft.
Hängt es nicht mit ihrem Ursprung in Rechtfertigungszwängen und in der Logik des Schuldverschubsystems zusammen, wenn Weltanschauungskriege seit dem „Krieg gegen den Bolschewismus“ Vernichtugnskriege sind?
Was hat es eigentlich mit dem Pharao, der nichts von Joseph wußte (in der Vorgeschichte der Versklavung der Hebräer), auf sich? Die Josephs-Geschichte läßt als Geschichte der ursprünglichen Akkumulation unter den Bedingungen des pharaonischen Staatskapitalismus, aus dem dann das Sklavenhaus Ägypten geworden ist, begreifen. Die hebräischen Sklaven aber wurden eingesetzt beim Bau der Vorratsstädte Pithom und Ramses.
Wurde nicht auch im stalinistischen Rußland der Archipel Gulag eingeläutet durch die Enteignung der Kulaken?
Daß Geschichte jeweils aus dem Gesichtswinkel des Siegers geschrieben wird, ist ebenso wie die Rechtsblindheit des Rechts keine Frage der Gesinnung, sondern eine der Logik. Aus beiden Verstrickungen und Zwängen kann man nur durch (Schuld-)Reflexion sich befreien, zu deren vorrangigen Objekten die Geschichte und das Recht gehören.
In den Fundamenten des Staats steckt der Mord, so wie in den Fundamenten des Christentums das Kreuzesopfer. Während der Staat die Erinnerung an den Mord unmittelbar verdrängt, verdrängt die Kirche die Erinnerung an den Kreuzestod durch seine instrumentalisierende Vergegenständlichung: durch Ritualisierung (so wappnet sie sich zugleich gegen den Vorwurf der Verdrängung). Die Verdrängungskräfte, die der Staat benötigt (so daß der Pharao an Joseph nicht mehr sich erinnert), liefert das Christentum mit der Opfertheologie (und deren theologischer Absicherung durchs Gesamtsystem des Dogmas).
Es war, wenn nicht der Trick, so doch der logische Effekt der Rezeption des Weltbegriffs, daß mit ihr die Herrschaftskritik aus der theologischen Reflexion ausgeblendet wurde. Mit dem Weltbegriff wurde die Herrschaftslogik rezipiert. Hierdurch ist der Herrschaftskelch (der Taumelbecher und der Kelch des göttlichen Zorns) zum Becher der Unzucht geworden.
Die Ablösung des Geldgeschäfts von seinem investiven Realgrund, seine Rückkoppelung an die abstrakten Formen der Geldvermehrung (vom Börsengeschäft bis zur Devisenspekulation), ist eine logische Folge der Transnationalisierung des Geldgeschäfts, der Überschreitung der nationalen Eigentumsgrenzen. Hat die Logik dieser Rückkoppelung etwas mit der Logik der Selbsterzeugung der subjektiven Form der äußeren Anschauung (der Form des Raumes, die so als grenzenlos sich entfaltet und allem, was in den Raum fällt, die Logik der Instrumentalisierung, die Herrschaftslogik einprägt) zu tun? Wird hier nicht dem Taumelbecher, dem Kelch des göttlichen Zorns, die Unzucht als zusätzlicher Inhalt hinzugefügt?
Nebukadnezar vergißt den Traum, der Pharao vergißt den Traumdeuter. Die anderen Könige haben Eigennamen, sie heißen Abimelech oder Nebukadnezar; nur der König Ägyptens hat einen zweiten Titel, Pharao, aber in der Regel keinen Eigennamen (z.B. in der Abraham-Geschichte und in der Vorgeschichte des Exodus; welche Ausnahmen gibt es, und bei welcher Gelegenheit werden sie genannt?). Kann dieser zweite Titel nicht bedeuten, daß des Pharaos nicht mehr gedacht werden soll?
Die Israeliten haben den Namen Pharaos verdrängt, die Christen den Namen Ägyptens (Mizrajim) und den Gottesnamen. Wird nicht in Apokalypse der Name Ägyptens mit Sodom und Gomorrha und mit dem Ort, an dem der Herr gekreuzigt wurde, zusammengebracht?
Im Christentum hat nicht Gott, sondern nur Jesus einen Namen.
Erinnert nicht der Gebrauch des hebräischen Gottesnamens in der Bibelwissenschaft an die Friedhof- und Gräberschändungen der Nazis? Soll nicht in beiden Fällen – nach dem Modell der in peer-groups üblichen Logik von „Mutproben“ – der Nachweis geführt werden, daß nichts passiert?
Ich kann mir Bücher nicht vom Leibe halten, ich wühle mich durch sie hindurch in der Hoffnung, mich irgendwann in ihnen wiederzufinden.
Einstein war der erste Physiker, der ein mimetisches Erkenntnismodell in die Physik hereingebracht hatte, das dann insbesondere durch die Kopenhagener Schule mit einem Tabu belegt worden ist (die metaphysischen Qualität, die der „Unbestimmtheitsrelation“ oder oder dem Komplementaritäts-Prinzip beigelegt wurden, gründet in diesem gleichsam exorzistischen Tabu. Das Paradigma „moderne“ gegen „klassische“ Physik, das auch gegen Einstein gerichtet war, ist nicht zufällig zum Modell modischer Religionskonzepte (und zu einer theologischen Traditions-Vernichtungs-Maschine) geworden.
Hat nicht die F.D.P. durch ihren neoliberalen Ideologiebegriff – ähnlich wie der Geldmarkt im gleichen Kontext den Produktivitätsbezug – die Bodenhaftung verloren?
Wie bezieht sich der Geldvermehrungs-Mechanismus, der die wirtschaftliche Rationalität (im Sinne Max Webers) begründet, auf die Logik der Selbsterzeugung des Raumes (Begründung des kopernikanischen Systems)?


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