Zu Benveniste: Ist die Ehe nicht gleichursprünglich mit dem Staat, mit ihm zusammen entsprungen, und wie dieser zunächst „namenlos“ und eine der Quellen der Idee des Absoluten? Beide, Ehe und Staat, entspringen zusammen mit dem Weltbegriff. Verweist die Ehe auf das Moment der Unzucht in der Idee des Absoluten (den „Unzuchtsbecher“)?
Der Weltbegriff ist der Inbegriff der Selbstlegitimation des Bestehenden, der durch den Naturbegriff und seinen Kern, die mathematische Raumvorstellung, gegen die Wahrnehmung seines eigenen Widerspruchs sich abschirmt (und mit Hilfe des Rechts gegen die Manifestation dieses Widerspruchs).
Der Weltbegriff bezeichnet den Bedingungszusammenhang der Selbsterhaltung; daran mißt sich das Bestehende. Die drei evangelischen Räte sind die Erinnerungsmale an die parvi errores im Weltbegriff (die Formulierung am Anfang von de ente et essentia wäre zu korrigieren: parvi errores magni sunt in fine).
Wie ist eigentlich die Beziehung des zweiten zum ersten Tier in der Apokalypse (des Tieres aus dem Meer zum Tier vom Lande)? Verweisen Meer und Land nicht auf den dritten Schöpfungstag („und Gott nannte das Trockene Land und die Ansammlung der Wasser nannte er Meer“)?
Als Sprache der Rechtfertigung hat die Sprache ihre erkennende Kraft verloren, verstrickt sie sich in den Schuldzusammenhang, aus dem sie entrinnen möchte. Nur durch die Auf-sich-Nahme der Sünde der Welt gewinnt sie die erkennende Kraft zurück, wird der Logos zum Logos.
Zur Geschichte der drei Leugnungen: Eine Barmherzigkeit, die vor der Vergangenheit Halt macht, erreicht auch die Gegenwart nicht mehr, verliert ihre Kraft für die Gegenwart. Hier liegt die Wurzel sowohl der Prophetie als auch des parakletischen Denkens. In diesen Kontext gehört die Habermassche Entscheidung, die Reflexion der Natur beiseite zu stellen, davon abzusehen. Ihm wurde die Erinnerung an die Theologie an der Stelle unheimlich, an der sie allein fähig ist, Barmherzigkeit zu begründen.
Wenn die Idee des Ewigen die Vergangenheit von sich ausschließt, dann können die vergangenen Hoffnungen nicht nur vergangen sein: nicht an sich, sondern nur für uns sind sie vergangen (vgl. Kafka: Es gibt unendlich viel Hoffnung, nur nicht für uns). Ein Begriff der Vergangenheit, die nur vergangen ist, mag die Voraussetzung begrifflicher Erkenntnis sein, er ist aber zugleich das Verdammungsurteil über diese Erkenntnis.
Zur „Kultur der Empfindlichkeit“: Ist das Kabarett nicht deshalb unwirksam, weil es die eigene Empfindlichkeit (die eigene Abhängigkeit vom Urteil anderer) in die andern (in sein Publikum) hineinprojiziert, und damit aufs präziseste sein Objekt verfehlt?
Postmoderne: Wer in England, in Belgien, in Frankreich war, kennt den Schock bei der Rückkehr, nach dem Überschreiten der Grenze. Die Einübung in die Ellenbogen-Gesellschaft auf den deutschen Autobahnen entspricht dem horror vacui in den durch den „Wiederaufbau“ verwüsteten Städten: Jede Spur, die an die Vergangenheit erinnert ist getilgt; die pseudohistorische Fachwerkseligkeit der Fußgängerzonen besiegelt das nur. Lyotards an Auschwitz erarbeitetes Konzept des vollkommenen Verbrechens, zu dessen Ausführung die Beseitigung aller Zeugen und Spuren gehört, scheint der deutsche Wiederaufbau post festum realisiert zu haben.
1.1.1995
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