Das „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ ist es – seit dem Erscheinen der Reflexionen Ulrich Sonnemanns – nicht nur geblieben; das pathologische Syndrom war und ist offensichtlich noch steigerungsfähig. Die Gewöhnung an den Zustand enthielt immer schon Elemente des Einverständnisses, wenn auch zunächst mit schlechtem Gewissen und dem entsprechenden Zwang zur Verdrängung. Heute scheint dieses Einverständnis wieder offen auftreten zu wollen; verdrängt wird nicht mehr der Inhalt des schlechten Gewissens, sondern seine Qualität: man hat kein schlechtes Gewissen mehr, sondern umgekehrt das Gefühl, endlich wieder sich zu der Gemeinheit bekennen zu dürfen. Die Verdrängungsleistung selbst nimmt eine neue Qualität an, sie ist gründlicher und differenzierter zugleich. Es breitet sich ein Zynismus aus, der wieder auf dem Sprung zur Tat ist, sie eines bösen Tages wieder für gerechtfertigt, notwendig, zuletzt einfach für natürlich hält. Es ist, als sei alles, was an Aufklärungs- und Aufarbeitungsleistung inzwischen erbracht worden ist, nichts als der flatus vocis, als den der Nominalismus seit je begriffliche Arbeit denunziert hat. Das Buch über die „furchtbaren Juristen“ von Ingo Müller raubt nicht den Nachtschlaf; die Verhältnisse, die es darstellt, sind zum Kotzen.
01.07.89
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