21.3.1995

Wenn die Philosophie der Schlaf des prophetischen Bewußtseins ist, dann ist die kirchliche Theologie der Traum, der heute dem Vergessen Nebukadnezars zu verfallen scheint. Ist Daniel der Hahn?
Das erbauliche Schriftverständnis ist durch die kirchliche Selbstverblendung determiniert, die in der Verdrängung der symbolischen Beziehungen des Neuen zum Alten Testament gründet. Logischer Grund dieser Verdrängung ist die opfertheologische Objektivation und Instrumentalisierung des Kreuzestodes (Produkt der Redundanz der Logik der Schrift).
Immanenz und Transzendenz unterscheiden sich nicht wie Zeitliches und Überzeitliches, sondern wie Vergangenes und Zukünftiges. Während die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (die in den Totalitätsbegriffen Wissen, Natur und Welt sich ausdrückt) jeden Gedanken an eine Zukunft, die anders wäre, und damit die Erinnerung ihres vergangenen Erscheinens, ausschließt, sprengt die Erinnerung und Reflexion dieser Zukunft auch die Vergangenheit des Vergangenen. Theologie hinter dem Rücken Gottes steht unter dem Gesetz der Vergangenheit, Theologie im Angesicht Gottes gründet in der Erinnerung der vergangenen Zukunft.
Die Distanz zum Objekt gründet in der Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt: In diesem Kontext wird die Eingangskontrolle im Hogefeld-Prozeß verständlich. Das Beweisverfahren verläuft mangels objektiver Tatsachen nach den Kriterien der selffulfilling prophecy.
Sind die paulinischen „Archonten“, und ist in ihrer Folge die mittelalterliche Engellehre nicht Teil einer Theologie der Herrschaftssicherung? In diesen Zusammenhang gehört die Differenz zwischen einem Stephanus, der den Himmel offen sah, und einem Paulus, der in den dritten Himmel enmtrückt wurde.
Die Kritik des deutschen Idealismus müßte mit Fichtes Nicht-Ich beginnen: mit der „Entfremdung“ des Fremden zum Andern, dem logischen Kern der Welt-Philosophie. (Die kopernikanische Wende war die paradigmatische Anwendung dieses Verfahrens auf den Kosmos.)


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