20.9.1995

Das Staatsschutzrecht versucht völkerrechtliche Probleme mit strafrechtlichen Mitteln zu lösen. Der Staat, der das Eigentum seiner Bürger begründet und schützt, ist selber der Eigentümer seiner Bürger. Fremde sind recht- und herrenloses Gut, und wer sich gegen den Staat stellt, macht sich selbst zum Fremden.
Die Apokalypse ist das Korrelat der Prophetie unter den Bedingungen des Weltbegriffs. Die Sexualmoral, selber Nachfolger und Erbe des Astarte/Ischtar/Venus-Kults, ist das Produkt der Privatisierung des mit dem Weltbegriff entsprungenen Problems (Zusammenhang mit der „Venus-Katastrophe“, der Astrologie insgesamt?). Sie ist ein Symptom, keine Lösung des Weltproblems.
BI-Plakat: „Alle reden vom Klima, wir machen es. Pro Platz in einem Flugzeug ruinieren sie die Atmosphäre bei einem Langstreckenflug wie durch 14 Jahre Autofahren.“
Die Geschichte der drei Leugnungen steht genau an der Grenze (zwischen Synhedrium und Pilatus), an der das Christentum, indem es glaubte, den Staat für seine Zwecke instrumentalisieren zu können, selber zu einem Instrument des Staates geworden ist.
Die Geschichte der Theologie steht unter einem Bann, der allein mit Hilfe der Geschichte von den drei Leugnungen zu lösen wäre. Die „drei Leugnungen“ sind nicht ganz sinnlos: sie gehören zur Klugheit der Schlange, die nur durch die Arglosigkeit der Tauben sich heilen läßt.
Zum Begriff (und zur Grenze) des Beweises (oder zu den Antinomien der reinen Vernunft): Die Unmöglichkeit, einen Verdacht zu widerlegen, ist kein Beweis. Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung die sich auf sich selbst beziehende Form des Verdachts, und ist nicht das Objekt Produkt der Unwiderlegbarkeit dieses Verdachts? Der apagogische Beweis ist keiner.
Im Wort „Beweis“ steckt ein demonstratives Moment, das Weisen, das durch das Präfix be- die Reflexion auf den Andern in sich aufgenommen hat, in die Urteilslogik (und in die Logik des Weltbegriffs) integriert worden ist. Beweisen ist ein Weisen von außen, durch oder für einen Andern. Der wichtigste Beweis ist der Zeugenbeweis (die Berufung auf die Wahrnehmung eines andern), der durch die Formen der Anschauung (als Formen der Vergesellschaftung der Wahrnehmung, durch die meine Wahrnehmung mit der Wahrnehmung aller andern identifiziert wird) verinnerlicht und vergesellschaftet wird. Intersubjektivität (auch die des Urteilens) ist durch die Formen der Anschauung vermittelt, in den Formen der Anschauung sind Ankläger und Richter, Angeklagter und Zeugen systemisch vereinigt.
Was bedeutet und worauf bezieht sich der juristische Begriff „Augenschein“? Im Zuge einer Ermittlung wird nicht gesehen, sondern „in Augenschein genommen“: das Sehen vergesellschaftet. Das Präsens, die Gegenwart, ist das Korrelat des Augenscheins, nicht des Sehens, der Augenschein ein Produkt des Indikativs, durch den das Sehen juristisch verwertbar wird, durch Subsumtion unter die Beweislogik. Der Indikativ ist eine Sprachform, die im Bannkreis des Wertgesetzes und der Beweislogik sich gebildet hat.
Die ungeheure Bedeutung der kantischen Antinomien der reinen Vernunft liegt darin, daß aus ihnen die Prävalenz der Vergangenheit in der Beweislogik sich ablesen läßt. Durch die Subsumtion unter die Vergangenheit wird die Sache ästhetisiert, den subjektiven Formen der Anschauung und damit einer Logik unterworfen, in der auch das kontrafaktische Urteil gründet: Hier kann alles auch anders sein. Die Antinomien sind die Rache des kontrafaktischen Urteils an seinen Konstituentien. Kontrafaktische Urteile sind ein Hinweis darauf, daß es keinen absoluten Indikativ gibt.
Der Verdacht ist der Grund der synthetischen Urteile apriori, sein gegenständliches Korrelat das Reich der Erscheinungen. Gegen ihn steht das verteidigende, parakletische Denken.
Die Logik der Schrift und die Erfüllung des Wortes: „Nur Gott sieht ins Herz der Menschen.“ Auch dieser Indikativ ist eigentlich ein Imperativ, theologischer Grund des parakletischen, verteidigenden Denkens. Als Indikativ ist der Satz das Signum des steinernen Herzens, als Imperativ der Beginn der Umwandlung des steinernen in ein fleischernes Herz, der Beginn der Transformation des Opfers in Barmherzigkeit.


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