Astrologie: Grenz- und Selbstreflexion der Organisation der staatlichen Gemeinschaft im Medium der Astronomie, Planeten als gegenständliche Verkörperungen der inneren Repräsentation seiner Außenbeziehungen. Zentrale Funktion der Venus im astrologischen Konzept (Funktion der „Verehrung“, der Idolatrie; Trennung der Liebe von der Sexualität zusammen mit der Konstitution des Weltbegriffs und der Verdrängung der Herrschaftskritik; Wiederkehr der verdrängten Geschichte der „Venus-Katastrophe“ in der frühmittelalterlichen Minne, auch der devotio moderna, Zusammenhang mit dem Ursprung des Zölibats, der Ohrenbeichte, des Fegfeuers, der Armutsbewegung).
Ist die Venus nicht die weibliche Seite des Mars (Schönheit und Ehre, Begierde und Krieg)? Entspringt nicht hier der Begriff der Liebe, den das Christentum durch Desexualisierung zu reinigen versucht hat (der dann dazu beigetragen hat, die Idee der Barmherzigkeit zu verdrängen, einen von der Idee der Barmherzigkeit gereinigten Weltbegriff zu begründen)?
Wenn Hegel die Außenbeziehungen der Staaten (in denen das Königtum, der Krieg, der Handel und die Ehe sowie das weltkonstituierende Inzestverbot begründet sind) als Naturbeziehungen beschreibt, heißt das nicht auch, daß die Formen dieser Außenbeziehungen die Konstellation beschreiben, in denen der Naturbegriff einmal entsprungen ist (Zusammenhang des Naturbegriffs mit dem Begriff der Barbaren, gemeinsamer Ursprung und gemeinsame Logik beider)?
Wenn es heißt, daß Gott die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt hat, bezieht sich das auf die Planeten und den Tierkreis (sind die Planeten die Säulen der Erde)? Und fällt in diesem Zusammenhang nicht ein Licht auf das Wort in der Verheißung an Abraham von den „Sternen des Himmels“ und dem „Sand des Meeres“?
Sind die großen Seeungeheuer unterhalb oder oberhalb der Vögel des Himmels (gehören sie zu den unteren oder zu den oberen Wassern)?
Richtig und wahr, oder über das Verhältnis der Orthodoxie zur Orthogonalität (des Dogmas zur Geschichte der Naturwissenschaften): Das Richtige (die Orthodoxie ebenso wie die naturwissenschaftlich objektivierte Welt) ist gnadenlos, während die Idee der Wahrheit die der Versöhnung, der Befreiung, der Erlösung mit einschließt.
Das Christentum hat durch sein Bündnis mit der Herrschaft die Gnadenlosigkeit der Welt ratifiziert (und die Wahrheit egozentrisch deformiert).
Gordischer Knoten: Das All entspringt mit der Trennung von Natur und Welt; und die Reflexion der Todesangst, die Franz Rosenzweig zufolge das All sprengt, ist die Reflexion dieser Trennung.
Der Begriff des Seins gewinnt seine emphatische Bedeutung nur aus seiner Beziehung zum Gottesnamen, dessen entfremdete, entstellte und verzerrte Erinnerung in ihm sein letztes Echo findet. Die Fundamentalontologie Heideggers ist die Selbstreflexion des Seins im Bann dieser Enfremdung und Entstellung.
Zoon politikon: Der Ursprung der subjektiven Formen der Anschauung ist politisch, herrschaftsgeschichtlich vermittelt. Modell des Objektbegriffs ist die Ware, der mit dem Handel (genauer: mit dem Fernhandel) sich bildet. Zu den ersten Waren gehören der Raub und die Kriegsbeute: neben den geraubten Gütern auch die Gefangenen, die als Sklaven für den Eigengebrauch wie für den Markt gewinnbringend genutzt wurde. Die Fremdheit der Dinge gründet in der Fremdheit der anderen Völker, Stämme, Sprachen und Nationen.
19.11.95
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