8.12.95

Gibt es ein kosmologisches Äquivalent der Logik der Schrift? Ist nicht die Kosmologie (und der Ursprung des Weltbegriffs) insgesamt ein Produkt der Logik der Schrift? Wäre vor diesem Hintergrund nicht die biblische Wendung „Erfüllung der Schrift“ (und ihre Beziehung zur Katastrophe, zuletzt zum Kreuzestod Jesu) genauer zu bestimmen?
In welcher Beziehung steht die Logik der Schrift zum Buch des Lebens?
Die Bekenntnislogik, das sind die Dornen und Disteln; sie definiert das Gesetz der Profangeschichte.
Die Bekehrung ist die instrumentalisierte Umkehr; die Bekenntnislogik beschreibt das Gesetz dieser Instrumentalisierung.
Nicht auf die Hypostasierung der Ursprünge: auf die Reflexion der Ursprungsgeschichte kommt es an.
Die Kriminalpolizei rät: Schüren die Ratschläge der Kriminalpolizei nicht genau die Ängste, denen sie dann abhelfen sollen? Diese Ängste sind nicht von vornherein irrational, sie werden es durch Einbeziehung in ein Kriminalisierungskonzept, indem sie das Machtdenken befördern (law and order).
Reflektiert sich darin nicht ein Stück Logik-Geschichte (und ihrer Beziehung zur Herrschaftsgeschichte): Die Kriminalisierung ist in der Sphäre zwischen Begriff und Objekt angesiedelt, sie ist ein Instrument zur Stabilisierung des Begriffs, was nur zu Lasten des Objekts (im Kontext seiner Kriminalisierung) möglich ist. Kein Urteil (kein Begriff und kein Objekt) ohne Verdrängung. Auch das Strafrecht, die Justiz und die Knäste (mit denen der Staat dem Volk einen Teil seiner Verdrängungsleistung abnimmt) haben eine bewußtseinsstabilierende Funktion.
Liegt nicht der Beschluß des 5. Senats des OLG Frankfurt im Hogefeld-Prozeß, der jede Rückfrage zum Tod von Wolfgang Grams unterbindet, auf der gleichen Ebene wie der Beschluß, in dem es zu Hubertus Janssen heißt: „der sich als Pfarrer bezeichnet“? Beides gehört zum Komplex der Beziehung von Gemeinheit und Beweislogik.
Die Ausblendung der Umstände des Todes von Wolfgang Grams hat natürlich auch die Funktion, alles auszublenden, was der Mordthese, in die dann Birgit Hogefeld mit einbezogen werden kann, im Wege stehen könnte. Der Beschluß des Senats ist ein Baustein in der Konstruktion eines synthetischen Urteils apriori (Indiz eines Versuchs der Rechtsbeugung?).
Das Verhalten des Senats erweckt den Verdacht, daß seine Beschlüsse strategische Beschlüsse sind, deren vorrangiger Zweck es ist, die Verfertigung eines synthetischen Urteils apriori sicherzustellen.
Ob der, dem man nichts nachweisen kann, auch vor sich selber unschuldig ist, ist eine andere Frage. Ist es nicht in der Tat wichtiger, mit sich selbst ins Reine zu kommen, als unter dem Zwang des guten Rufs den Rechtfertigungszwängen zu verfallen?
Wie hängt der Satz „Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand“ mit dem Eindruck zusammen, daß im Hogefeld-Prozeß, wie in den raf-Prozessen überhaupt, der Angeklagte nicht mehr Angeklagter, sondern Feind ist? Wie hängt das Feinddenken mit der Gemeinheitslogik zusammen?
Die Sozialdemokratische Partei scheint nicht zu begreifen, was z.Z. in Frankreich sich tut: Verweisen nicht die Streiks in Frankreich aufs deutlichste auf den Zusammenhang der Bedingung der Geldwert-Stabilität, an die die Einführung einer einheitlichen europäischen Währung gebunden ist, mit dem Zwang zum Abbau der Sozialleistungen? Ist nicht schon dieses Nicht-Begreifen der Beitrag der SPD zum Sozialabbau in Deutschland? Aber hat das Bedürfnis der Sozialdemokraten in Deutschland, von den Herrschenden anerkannt zu werden, nicht schon seit je ihre Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit aufs empfindlichste und aufs folgenreichste behindert?
Die subjektiven Formen der Anschauung rücken die Welt ins Licht des Prinzips der Selbsterhaltung, in dem sie zur Welt erst wird.
Das indogermanische Präsens gehört zu einer Welt, die ihr perfectum nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit hat; einer Welt, die sich nicht ändern läßt. Diese Welt konstituiert sich im Kontext der Anschauung, als deren Korrelat.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie