10.12.95

Die Idee des Heiligen ist jener Verdinglichungslogik zu entreißen, in die Rudolf Otto sie verbannt hat.
Im Kontext der drei theologischen Gegenstände: Angesicht, Name und Feuer, steht das Feuer fürs Gebet (vgl. den Vers aus dem Sonett Reinhold Schneiders: „Allein den Betern kann es noch gelingen, …“, den letzten Satz in Blochs „Geist der Utopie“: „… und die Wahrheit als Gebet“, und die Verknüpfung des Gebets mit dem Versöhnungsgebot im Evangelium).
Es gibt nicht „das Gute“, das ist eine platonische Erfindung. Das Gute ist immer das Gute für jemanden, und das gilt auch für den Gebrauch dieses Begriffs im Schöpfungsbericht (und Gott sah, daß es gut war), wobei der Name Elohim, das Sehen und das Adjektiv „gut“ zusammengehören. Das Gute ist ein Korrelat des Sehens, nicht der Hörens, es ist ein Korrelat des Gerichts (des Urteilens), nicht der Barmherzigkeit. Beim J gehört die Erkenntnis des Guten und Bösen (als Teil der richtenden Erkenntnis) zum Sündenfall, sie ist eine herrschaftsbegründende Erkenntnis.
Ist es nicht eine fatale Verschiebung, die durch die Übersetzung ins Griechische, zuerst durch die LXX, in die Schrift hereingebracht worden ist, wenn der Gottesname JHWH mit kyrios, Herr, wiedergegeben wird? In Ps 1101: „Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten“, ist hiernach der Herr (die Verkörperung der Barmherzigkeit) vom Herrn (dem Namen der Herrschaft) nicht mehr zu unterscheiden. Rühren nicht wesentliche Probleme der Evangelien daher, daß die Unterscheidung der Gottesnamen fast unmöglich geworden ist:
– Im messianischen Titel Gottessohn ist nicht mehr erkennbar, ob der darin zitierte Gottesname auf Elohim oder auf JHWH sich bezieht. Was bedeutet das für die, die Jesus Gottessohn nennen (Petrus, die Dämonen)? Ist der Titel Gottessohn (hyos theou) wirklich identisch mit dem Namen des Sohnes in dem Satz „mein Sohn bist du“, in dem das „mein“ vom Ursprung her auf JHWH (den Barmherzigen), und nicht auf „Gott“ (die Übersetzung von Elohim) sich bezieht?
– Ist der Vatername die neutestamentliche Version des Namens JHWH (auch das würde den Titel Gottessohn in ein anderes Licht rücken)?
Haben das Dogma, die Opfertheologie, die Bekenntnislogik aus dem Sohn der Barmherzigkeit den Sohn des Gerichts gemacht?
Bindung Isaaks: Die Aufforderung, den einzigen Sohn als Opfer darzubringen, geht vom Engel Elohims, gerettet wird Isaak (und mit ihm das Erbe Abrahams) durch den Engel JHWHs. Es ist JHWH, der das Volk Israel begründet.
Hodie, si vocem ejus audieritis: Hegel hat den Isaak geopfert, seine Ohren gegen das Wort des Boten JHWHs verstopft.
Gehören nicht die beiden Sätze (vom Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt, und der andere: Ehe Abraham ward, bin ich) zusammen, und werden nicht beide falsch, wenn man sie indikativisch versteht? Gehören nicht beide in den Kontext des Nachfolgegebots, und werden sie nicht aus diesem Kontext und dann auch von einander getrennt durch die Opfertheologie, durch das theologische Konstrukt des „stellvertretenden Opfers“?
Der Staat ist die Instrumentalisierung Elohims; darin gründet seine weltkonstituierende Funktion.
Solidarität ohne Komplizenschaft: Auch die Aktionen der raf müssen reflexionsfähig gehalten werden. Lernfähigkeit schließt auch die Fähigkeit mit ein, Vergangenes an seinen Folgen zu messen.
Zur Kritik der Beweislogik (oder zur Logik des nachfaschistischen Staates): Dem Titel Staatsanwalt liegt ein instrumentalisiertes Verständnis des Begriffs der Anklage zugrunde: Während ein öffentlicher Ankläger seine Ermittlungen und die daraus abzuleitende Anklage selber verantworten muß, wird dem Staatsanwalt diese Verantwortung durch den Staat abgenommen. Die Anklage wird zu einem Attribut des Staates, zu einem Teil seines Wesens. Der Titel des Staatsanwalts begründet eine ihm eigene Exkulpationsautomatik, er macht den Satz, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist, indem er ihn instrumentalisiert, unangreifbar. Eben damit aber verwischt er die Grenze zwischen dem Angeklagten und dem Feind.


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