Die Asymmetrie zwischen mir und den andern ist unvermeidbar. Auch der Universalismus ist asymmetrisch, er glaubt nur, von der Reflexion dieser Asymmetrie absehen zu können. Die Habermassche Intersubjektivität ist ein Richterkollegium (ein Gemeinschaft von Richtenden).
Hat nicht der Jakob Boehmesche Gebrauch des Symbols des göttlichen Zorns und Grimms etwas mit dem Symbol des Kelchs zu tun?
Wenn Habermas die Individualität an die Personalpronomina bindet, so vergißt er, daß die durchs Eigentum vermittelte Individualität eine privilegierte und durch die staatliche Organisation des Eigentums vermittelte Individualität ist. Die jüdische Tradition hingegen gründet die Individualität und die Autonomie in der Gottesfurcht. Das in der Kabbala wie im Christentum tradierte Armutsmotiv („Mein ist dein und dein ist dein“) hält die Erinnerung daran fest, daß mein Eigentum kein originäres Eigentum ist (ich bin nicht Gott), sondern das jedes Eigentum durch die Anerkennung durch andere und durch die Organisation dieser Anerkennung durch den Staat und das Recht vermittelt ist. Die strafrechtliche Sanktionierung der Verletzung der Eigentumsrechte anderer zielt nicht auf die Wiederherstellung der Rechte des andern, sondern vergesellschaftet nur das Rachebedürfnis als Strafbedürfnis. Ihr Grundprinzip ist nicht die Versöhnung der Beteiligten, sondern deren Versöhnung mit dem Staat: die Monopolisierung der Rache durch den Staat.
Die Verführung des Verurteilens ist die Verführung des Rechts: Sie ändert nichts, befriedigt nur das Rache- und Strafbedürfnis, das die Bürger an den Staat bindet (Anwendung auf den wissenschaftlichen Objekt- und Erkenntnisbegriff).
„Wahr und falsch“: In der Schrift gibt es das „falsche Zeugnis“ und den „falschen Propheten“ (sowie dessen apokalyptische Verkörperung im „Tier vom Lande“ – Off 1311ff, vgl. auch 152 und 179). Die analytische Philosophie hat sie neutralisiert zu „falschen Sätzen“, für die keiner mehr verantwortlich ist. „Falsche Sätze“ sind das Korrelat des apriori exkulpierten „fallibilistischen“ Bewußtseins, das seinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht mehr verantworten muß (nur noch seine politische Gesinnung, die zwar objektiv, gegen die Übermacht dessen, was ist, gegen die Imperative des Marktes und der Verwaltung, nichts mehr vermag, dafür aber exkulpatorische Kräfte freisetzt).
Hat nicht der Fachjargon (auch bei Habermas) den Zweck einer strategisch-taktischen Verwirrung des Leser (und – im Kontext eines „Universalismus“, der die Grenzen zwischen Autor und Leser verwischt – auch der Selbstverwirrung)?
Beitrag des Kohelet zur Logik der Schrift: Hängt nicht der Satz über das Bücherschreiben mit dem (systematisch zu verstehenden) Begriff der Eitelkeit zusammen?
Alle Weltreligionen sind Buchreligionen. Bezeichnet nicht die Eitelkeit das gleiche systematische Element im Begriff der Welt, dessen zentrale logische Funktion Hegel im Begriff des Scheins bezeichnet und beschrieben hat? Dieser Schein, ein Produkt der Logik der Schrift, trennt die Schrift vom Wort. Im Banne dieses Scheins ist in der Tat „des Bücherschreibens kein Ende“.
Ist die Eitelkeit die biblische Wurzel des Fernsehens?
Eitelkeit und Welt: Der Eitle spiegelt sich im Blick der andern; die Totalität dieser Spiegelung ist die Welt, in ihrem Schein ist alles nur, was es für andere ist. Deshalb ist die Welt alles, was der Fall ist.
4.1.96
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