9.1.96

Das Inertialsystem ist das naturalisierte Dogma: Es hat eine unsichtbar gemachte Opfertheologie im Kern, und es entsühnt die Welt.
Die Theorie des kommunikativen Handelns befreit das Handeln vom Realitätsbezug, macht es zu einem kommunikativen Akt. Sie ist das Endprodukt der Ästhetisierung der Theorie, sie verwechselt die Realität mit ihrer literarischen Wiederspiegelung (sie verwechselt Realität und Roman); sie setzt die restlose Vergesellschaftung des Handelns voraus und ratifiziert sie.
Der Rechtfertigungszwang, unter den der Faschismus die Nachkriegsgesellschaft in Deutschland gesetzt hat, gründet in dem Akt der Verdrängung 1945, seit dem alle glauben, nichts gewußt zu haben. Der Versuch, sich durch Verurteilung der Vergangenheit selber freizusprechen, ist mißlungen.
Ist nicht Habermas ein Paradebeispiel dafnr, daß die Verurteilung des Faschismus als Alibi für die Normalisierung des Gegenwartsverständnisses mißbraucht werden kann? Führte die Verurteilung des Faschismus nicht auch über die Logik der Personalisierung in den Terrorismus?
Steckt nicht in jeder Verurteilung etwas von der Kombination von Verdrängung, Selbstexkulpation und Projektion (gehört die Verurteilung nicht zum Schuldverschubsystem)?
Ist das Buch der Richter ein antinationalistisches (ein antimakkabäisches) Buch?
Die Leistungsgesellschaft ist die Gesellschaft derer, die sich alles leisten können.
Das Schaufenster als Instrument der Verblendung: Das Zerschlagen von Schaufenstern ist ein realsymbolischer Angriff auf die Herrschaft des Tauschprinzips. Das Schaufenster trennt den potentiellen Käufer von der Warenwelt auf ähnliche Weise, wie das Fernsehen den Bürger von der Politik trennt (der Ort des kommunikativen Handelns ist der Bildschirm). Das Schaufenster ist die Umkehrung des Fensters: Es macht die Außenwelt zur Innenwelt (Pendant, wenn der realgesellschaftliche Grund der Ästhetik des modernen Kirchenbaus, der die Außenseite der Mauer zur Innenseite macht, Außen- und Innenwelt vertauscht). Seit wann gibt es Schaufenster (gibt es einen Zusammenhang mit dem Ursprung des Kolonialwarenladens, mit der Geschichte des Imperialismus, der in der globalen Ausbreitung des „freien Marktes“ sich vollendet)?
Der Habermassche Begriff der Dezentralisierung der Weltbilder hat den gleichen Systemgrund wie die Erfindung des Schaufensters. Beide entziehen das Wertgesetz (das Tauschprinzip) und das Trägheitsprinzip der Reflexion (Zusammenhang mit dem Habermasschen Theorem vom Ende der Bewußtseinsphilosophie: das Bewußtsein ist zu einer abhängigen Variablen geworden). Die Objektivität der Begriffe Kommunikation und Handeln wie die der gesamten vergegenständlichenden Erkenntnis ist eine ästhetisch vermittelte (auch das Tauschprinzip ist eine subjektive Form der Anschauung).
Die Welt, die Logik, die dieser Begriff verkörpert, gründet in der Abstraktion vom Gegenblick; deshalb gehören die subjektiven Formen der Anschauung zu ihren Voraussetzungen. Die Theologie antwortet darauf mit der Theologie im Angesicht Gottes, mit der Heiligung des Gottesnamens.
Die kantische Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung hat die Geschichte der Theologie hinter dem Rücken Gottes (die Geschichte des Dogmas und der Bekenntnislogik) beendet. In der Kritik der reinen Vernunft erfüllt sich die Geschichte der Logik der Schrift.


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