4.5.96

Haben Schwerkraft und Lichtgeschwindigkeit etwas mit den Armen (die unten sind) und den Fremden (die von außerhalb kommen) zu tun? Was entspricht dann dem Export und Reimport der Armut?
Ist das Proletariat die zur trägen Masse kontrahierte gesellschaftliche schwere Masse (das Trägheitsgesetz ist der naturale Reflex der Lohnarbeit)?
Es gibt einen Stand der kritischen Reflexion, aus dem sich unmittelbare praktische Konsequenzen nicht mehr ableiten lassen.
Der Weltbegriff hat (durch Hypostasierung der Urteilsform) das Verhältnis der Sprache zur Realität verändert, er hat einen Begriff der sprachunabhängigen Realität überhaupt erst hervorgebracht.
In der Bibel kommt es – ebensowenig in der Literatur sonst – nicht darauf an, was der Autor hat sagen wollen. Es kommt darauf an, was in den Texten sich ausdrückt; und das ist bei wirklichen Texten mehr, als der Autor hat sagen wollen. Dieses „mehr“ mag man als Werk des Heiligen Geistes verstehen, und liegt damit vielleicht gar nicht so falsch.
Der Bubersche Begriff der „Huld“ verschiebt die Barmherzigkeit vom Mütterlichen ins Väterliche (Modell des Gerichts der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht: die Mutter, die ihre Kinder verteidigt). Er malt das Bild einer Versöhnung, in der es der Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern nicht bedarf. Aber zur Huld gehört das Huldigen, die Anbetung der Macht.
„Spruch des Herrn“: Das kann durchaus ein Brüllen und ein Donnern sein. Daß Johannes die sieben Donner nicht niederschreiben durfte, scheint darauf hinzuweisen, daß hier die Logik der Schrift gesprengt wird, daß dieser Donner nicht mehr schriftfähig ist. Hießen nicht die Zebedäussöhne auch Donnersöhne? Paßt das Bubersche „Sein Erlauten“ nicht zur Buberschen „Huld“?
Der erste Weltkrieg hat die Weltanschauungssucht hervorgebracht, der zweite hat alle unter Rechtfertigungszwang gestellt (die 68er Bewegung hat gezeigt, daß Praxis nicht schon von den Rechtfertigungszwängen befreit). Beide, die Weltanschauungssucht und die Mechanismen des Rechtfertigungszwangs, verweisen auf den jeweiligen Stand der objektiven Konstruktion der Realität, sie werden verfehlt, wenn man sie individualpsychologisch glaubt begreifen zu können.
Hängt der Unterschied von Hieroglyphen und Keilschrift mit dem von Sklavenhaus und Tempelwirtschaft zusammen?
Daß die Welt aus Nichts erschaffen ist, heißt das nicht einfach, daß der Weltbegriff mit der Annihilierung der Prophetie sich konstituiert? Mit dem Ursprung des Weltbegriffs ist die Prophetie zu etwas Vergangenem geworden.
Ist nicht die Interpretationsfigur in Rosenzweigs Kritik der historischen Bibelkritik („die Schrift ruft ‚Eli, eli‘, und die Theologen meinen, sie ruft den Elias“) sehr präzise zu verstehen: Zitiert er hier nicht eine Stelle aus dem Neuen Testament?
Das Problem des Christentums liegt darin, daß es der gleichen Welt verfallen ist, als deren prophetische Kritik es allein sich begreifen läßt.


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