Zeugen der Kreuzigung waren die Frauen, Zeugen der Auferstehung waren nach Maria Magdalena die Apostel. Ist nicht darin das Schicksal der Kirche vorbezeichnet gewesen? War nicht das Dogma (und mit ihm die Confessio: das Bekenntnis und die Konfession) der Fluchtpunkt des männlichen Verhaltens in den Anfängen?
Die Idee des Jüngsten Gerichtes widerspricht der Vorstellung, daß der Tod alle gleichmacht.
Instrumentalisierung: Wird der Katholizismus heute nicht zu einer Gemeinschaft der verbiesterten Frommen, die es nur noch als Erscheinung, als „Vorbilder“ für andere sind?
Zur Frage der Sündenvergebung:
– die Taufe des Johannes,
– vergeben wird dem, der anderen vergibt,
– Verstockung: „daß sie sich nicht bekehren und keine Vergebung finden“ (Mk 412),
– die Heilung des Gelähmten,
– „ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt“,
– die Sünde wider den Heiligen Geist,
– wenn ihr betet, so vergebt dem, der etwas gegen euch hat,
– „in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt allen Nationen, anfangend von Jerusalem“,
– wem ihr die Sünden vergebt (behaltet), dem sind sie vergeben (behalten). (Die einzige Stelle im Johannes-Evangelium, 2023)
Das Inertialsystem als Generalamnestie: Ist das nicht die Quelle der Inspiration Drewermanns?
Der Kapitalismus hat die Schuld von der Sünde getrennt; er „läßt den Armen schuldig werden“. Hier gründet die Logik, für die das Schuldigwerden mit dem Erwischtwerden zusammenfällt. Steckt diese Logik nicht schon in Hegels Begriff des Handelns, der allein auf dessen objektive Manifestation abstellt; die Gesinnung, die „bloße“ Absicht und das „abstrakte“ Sollen werden unerheblich.
Verhält sich nicht der Sabbat zur dies dominca wie die Erfüllung des Worts zur Erfüllung der Schrift? Der Sabbat ist der Tag, an dem Jesus im Grab gelegen hat; und es war Joseph von Arimathäa, der ihn am Vorabend des Sabbat vom Kreuz abgenommen und in sein Grab gelegt hat, in das gleiche Grab, das am „Ostermorgen“, am Tag nach dem Sabbat, leer war.
Die Augenlust ist die Urteilslust, der Zwang, das Gesehene einzuordnen.
Gründet das Rosenzweigsche Wort vom „hintertückischen, verandernden Wissen des Denkens“ nicht in dem kantischen Satz vom „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“, auf das Einheitsprinzip der transzendentalen Logik, den Grund des kantischen Begriffs der Erscheinungen? Das „meine Vorstellungen begleitende Denken“ macht sie zu „meinen Vorstellungen“, begründet eine Art Eigentumsordnung der Vorstellungen (zusammen mit dem rechtlich faßbaren Begriff des Plagiats). Ist nicht die Eigentumsordnung, deren Urheber und Garant der Staat ist, das Organisationsprinzip der transzendentalen Logik? Gründet nicht der Nationalismus (und mit ihm die Xenophobie, in letzter Konsequenz der Antisemitismus) in der Organisation der instrumentalisierten Vernunft, deren gegenständliches Korrelat die in Natur und Welt aufgeteilte Objektivität ist?
Die Lichtgeschwindigkeit ist die Asche der Teleologie.
Augenschein als Ideologie: Das Auge „scheint“ nicht, sondern wird vom Schein des Lichts getroffen.
Ist nicht die Fallbeschleunigung die Pforte der Hölle (der Grund des Zeitkontinuums)?
Mit dem Himmel hat der katholische Mythos auch die Hölle verräumlicht, die ihr innewohnende Beziehung zum Herrendenken, zur Vergangenheit, zum Tod, durch Ideologisierung unkenntlich gemacht.
16.6.96
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