18.10.1996

Wenn Schuld ein Moment der Selbstreflexion in den Augen der Andern ist, dann ist der Weltbegriff ein Produkt des Schuldbegriffs und die Entsühnung der Welt durchs Opfer ein Instrument der Schuldverdrängung. Der Schuldbegriff bezeichnet die innere Grenze der Levinas’schen Asymmetrie, die Grenze zwischen Rind und Esel.
Wenn der Kreuzestod Jesu die Bedeutung hat, die die christliche Theologie ihm zuschreibt, dann war er ein kosmischer Akt, und dann ist auch die Erinnerung des Kreuzestodes, das Meßopfer, ein kosmischer Akt.
Versperrt nicht die RAF, wenn sie die Reflexion abwehrt und verdrängt, den einzigen Weg, über den sie ihre Sache wieder öffentlich machen kann?
Eine Sache ist nicht deshalb schon erlaubt, weil andere sie auch tun: Dieser Satz begründet die genaueste Kritik des Feindbilds.
Zur Bekenntnislogik gehört nicht die Aufspaltung des Frauenbilds in Heilige und Hure.
In der Bemerkung „Hubertus Janssen, der sich selbst als Pfarrer bezeichnet“ spiegelt sich die ungeheuerliche Arroganz des richterlichen Bewußtseins, seine Definitionsgewalt, die im richterlichen Urteil sich manifestiert: Ein Pfarrer ist erst dann Pfarrer, wenn dieser Sachverhalt durch richterliches Urteil festgestellt worden ist.
Es gibt den Schrecken der Opfer, den das Mitleid noch verrät. Erst wer in diesem Schrecken nicht nur den subjektiven Schmerz des Opfers, sondern darin auch das Grauen erfährt, den Schrecken über die Tat, dem wird das Mitleid zum Gedenken.
Wer die RAF verstehen will, muß auch die Abwehr begreifen, mit dem die veröffentlichte Meinung in Deutschland auf das Buch von Goldhagen reagierte.
Das Strafrecht kennt keine Versöhnung, nur die kontrollierte Befriedigung des Rachetriebs. So nährt es den Rachetrieb.
Es hat mehr mit der Kritik der Naturwissenschaften als mit der Theologie zu tun, wenn ich an die Auferstehung der Toten glaube (die zusammenhängt mit dem Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht).


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