Es gibt keine creatio ex nihilo, wohl aber eine fortschreitende saecularisatio ex nihilo: es werden nicht vorausgehende theologische Inhalte säkularisiert, sondern im Prozeß der Säkularisation werden die immanenten säkularen Elemente der Theologie, ihr weltlicher Inhalt, aufgedeckt und zerstört.
Die Kritik der Anthropozentrik, soweit sie davon ausgeht, daß die Natur auch ohne den Menschen besteht und nach Zerstörung der Menschheit weiterbesteht, macht ein erkenntnissystematisches und historisches Moment von Erkenntnis, die Entfremdung von Mensch und Natur, zu einem gegenständlichen, zu einer Bestimmung der Natur an sich. So befreit sich das Denken von der Last des Sündenfalls. Die Lehren, wonach der Mensch von Natur und von Grund auf böse ist, haben als Hintergrund das Konzept, daß der Sündenfall ausweglos und irreversibel ist. So entledigt man sich der Verantwortung für die gleiche Schuld, die, dem Nachfolge-Gebot zufolge, der Christ auf sich nehmen soll: so gibt man auch das Christentum preis, hat man das Recht verspielt, sich Christ zu nennen.
Titel: Rekonstruktion der Theologie, oder: Religion als Blasphemie.
Als das Symbolum noch ein Sakrament war: Die entsetzliche Verwirrung aller Konfessionen, insbesondere jedoch des Katholizismus, hat ihren Grund im Konfessionalismus selber, in der Umwandlung des Symbolums in ein Glaubensbekenntnis, das im Grunde nur noch dezisionistisch verstanden wird; d.h.: das seine Gründe nicht in sich selber, in seinem eigenen Inhalt, sucht, sondern von außen her nimmt, im Grunde das Bekenntnis äußeren Zwecken, die man dann vor sich selber verbirgt, unterordnet, das Bekenntnis instrumentalisiert (was seinen Inhalt nicht unberührt läßt). Insbesondere das zentrale Moment der Gottesfurcht, der Anfang der Weisheit, wurde aus der Theologie unserer Theologen herausoperiert; und das gesamte kirchliche Establishment fürchtet alles andere, nur nicht Gott. Sie haben die Erbschuld manipulierbar gemacht, aus der Lehre von Sündenfall, Gnade und Erlösung, wurde ein Schuldverschubsystem, das beliebig anwendbar, allerdings mit der immanenten Tendenz, dem immanenten Telos aller Sündenbock-Mechanismen behaftet ist, in der Regel das Beste: die Erinnerung daran, daß es eigentlich anders sein müßte, zum Objekt der Vernichtungswut zu machen. Die Gemeinheit ist nicht strafrechtlich, sondern nur theologisch bestimmbar.
Drei Motti:
a „Parvus error in principio magnus est in fine“ (Th.v.Aq., De ente et essentia),
b der Schauspieldirektor aus Kafkas Tagebüchern,
c Walter Benjamins Bemerkung über Franz Rosenzweig („die Tradition auf dem eigenen Rücken weiterbefördern, anstatt sie seßhaft zu verwalten“),
und als viertes:
d „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ (Wittgenstein)
Das Universum hat den Kosmos abgelöst. Der Produzent des Universums (wann wurde der Begriff eingeführt? – zuerst kritisiert wurde er von Rosenzweig) ist die Universität als Agentur der frühbürgerlichen Gesellschaft in Europa.
Schreibe einen Kommentar